Bevor ein neues Auto auf den Markt kommt, spulen die Entwicklungsingenieure unzählige Testkilometer in Prototypen und Vorserienfahrzeugen ab. Sowohl im städtischen Umfeld als auch über Land und auf der Autobahn werden die Systeme und Komponenten künftiger Mercedes-Benz Modelle erprobt. Gerade für elektronische Fahrassistenten und automatisierte Fahrfunktionen ist das unerlässlich.
100 Dinge, die Sie über Mercedes-Benz wissen sollten | #23

Bewegt-Fahrsimulator: Virtuelle Realität auf Schienen.
Jedes neue Mercedes-Benz Modell ist das Ergebnis intensiver Entwicklungsarbeit und ausgiebiger Erprobung. Längst finden nicht mehr alle Testfahrten auf echten Straßen oder einem Versuchsgelände statt. Vieles läuft virtuell ab. Auch hier war Mercedes wieder Vorreiter: Der vor zehn Jahren in Betrieb genommene Bewegt-Fahrsimulator in Sindelfingen zählt noch heute zu den leistungsfähigsten seiner Art.


Virtuelles wird real
Seit mehr als zehn Jahren können zahlreiche dieser Versuche in Sindelfingen stattfinden – ohne dafür das Werksgelände zu verlassen oder dafür auf eine abgesperrte Teststrecke fahren zu müssen. Es genügt, das Versuchsfahrzeug in eine Kapsel auf Stelzen, den so genannten Erprobungsraum, zu bringen und seine Steuereinrichtungen mit der Software des Fahrsimulators zu verbinden. Sobald der Testfahrer dann Lenkbefehle gibt oder das Gas- oder Bremspedal betätigt, verändert sich entsprechend die Darstellung auf einer 360-Grad-Leinwand rund um das Auto.
Im Bewegt-Fahrsimulator können nicht nur die Fahrbahn und andere Verkehrsteilnehmer realitätsgetreu nachgebildet werden, sondern auch flotte Fahrmanöver wie Spurwechsel. Für ein möglichst realistisches Fahrgefühl bewegt sich die gesamte Anlage in der eigens dafür gebauten Halle – mit einer Geschwindigkeit von maximal zehn Metern pro Sekunde.
Testraum für autonomes Fahren
Auch die neue Mercedes-Benz S-Klasse verbrachte viele Stunden in der bewegten Kapsel. Hier konnte der DRIVE PILOT teilweise erprobt und abgesichert werden. Auch für den Weg zum autonomen Fahren spielt der Bewegt-Fahrsimulator eine entscheidende Rolle: Bei virtuellen Erprobungsfahrten von automatisiert fahrenden Fahrzeugen können im Simulator viele verschiedene Szenarien durchgespielt werden – schnell und effizient. Auch Situationen, die während der Erprobung auf realen Straßen nicht oder nur selten vorkommen. Zudem können die Sicherheitsexperten völlig gefahrlos Fahrsituationen provozieren, in denen der Fahrer die Kontrolle wieder von den Fahrzeugsystemen übernehmen muss. Wie schnell reagiert der Mensch auf entsprechende Signale, wie lange sind die jeweiligen Reaktionszeiten? Diese wichtigen Erkenntnisse fließen direkt in die Produktentwicklung ein.
Der 2010 im Mercedes-Benz Technology Center (MTC) in Sindelfingen eröffnete Bewegt-Fahrsimulator war seinerzeit der modernste und zählt nach wie vor zu den leistungsfähigsten Anlagen in der Automobilindustrie. Die Eckdaten: ein Hexapod mit Dom, darin eine 360-Grad-Leinwand mit fotorealistischer Darstellung der digitalen Umwelt, ein schneller elektrischer Antrieb, und eine zwölf Meter lange Schiene für Bewegungen in Quer- oder Längsrichtung.
Reales wird noch virtueller
Die nächste Stufe der Simulator-Technologie wird bereits im Konzeptstadium erprobt: Gemeinsam mit den Kollegen vom Virtual-Reality-Center (VRC) haben die Fahrsimulator-Experten von Mercedes-Benz einen neuen XR-Fahrsimulator entwickelt. Dort verschwimmen reale und virtuelle Umgebung noch stärker als bisher. Außer einem Fahrersitz, einem Lenkrad, den Pedalen und einem Start-Schalter gibt es dann keine physischen Bedienelemente mehr. Die Versuchspersonen setzen nur noch eine Datenbrille auf und bewegen sich damit komplett in der virtuellen Welt. Besonders für die Entwicklung von Innenräumen künftiger Mercedes-Modelle bietet der XR-Fahrsimulator ganz neue Möglichkeiten.
Auch bei Fahrsimulatoren ein Sicherheitspionier
Damit bleibt Mercedes-Benz seiner Vorreiterrolle bei Fahrsimulatoren gerecht. Bereits im Mai 1985 ging im damaligen Daimler-Benz Forschungszentrum in Berlin-Marienfelde der erste, selbst entwickelte Fahrsimulator in Betrieb. Das Bewegungssystem war seinerzeit einzigartig in der Automobilindustrie.