Wagenmontage

Anfänge des Automobils

1886-1920.

Nur wenige Erfindungen haben die Entwicklung der Welt so nachhaltig beeinflusst wie die des Automobils. Die Pioniere des Automobilbaus am Ende des 19. Jahrhunderts waren Gottlieb Daimler (1834-1900) und Carl Benz (1844-1929).

Beide stehen mit der Daimler Motorengesellschaft (DMG), beziehungsweise Benz & Co., Rheinische Gasmotoren-Fabrik, Mannheim, für die Vorläuferunternehmen der 1926 gegründeten Daimler-Benz AG.

Nach Tätigkeiten in anderen Unternehmen entwickelten Gottlieb Daimler und Carl Benz, die sich in ihrem Leben nie persönlich getroffen haben, in Mannheim (Benz) und Cannstatt bei Stuttgart (Daimler) im Jahr 1886 zeitgleich die ersten Automobile der Welt. Jedoch lagen zwischen der Erfindung des Automobils und seiner wirtschaftlichen Nutzung mehrere Jahre.

Gottlieb Daimler.
Gottlieb Daimler.
Carl und Berta Benz.
Carl und Berta Benz.
Wilhelm Maybach und Adolf Daimler.
Wilhelm Maybach und Adolf Daimler.
Gottlieb Daimler.
Carl und Berta Benz.
Wilhelm Maybach und Adolf Daimler.
Daimler-Einzylindermotor 1,5 PS "Standuhr" aus dem Jahre 1885.
Daimler-Einzylindermotor 1,5 PS "Standuhr" aus dem Jahre 1885.

Durch den Einbau eines mit Gas bzw. Petroleum betriebenen Motors in ein Zweirad gelang Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach, die sich bereits aus ihrer Tätigkeit bei der Maschinenfabrik des Bruderhauses Reutlingen kannten, der erste Schritt zur mobilen Anwendung. Der Motor, der wesentlich kleiner, leichter und leistungsstärker war als alle vorherigen Kraftmaschinen, wurde aufgrund seiner charakteristischen Form „Standuhr“ genannt.

Dieses Zweirad, auch „Reitwagen“ genannt, absolvierte im November 1885 eine erfolgreiche Probefahrt.

Auch Benz erkannte die Bedeutung des leichten Motors und setzte sich zum Ziel, „einen Zwerg an Gewicht, aber einen Titanen an Kraft“ zu konstruieren.

Weil Benz weder auf Vorarbeiten zurückgreifen konnte noch bis dahin eine Lösung für die Lenkung eines vierrädrigen Fahrzeugs gefunden worden war, konzentrierte er sich vorerst auf den Bau eines Dreirades. Das im Jahr 1886 entstandene „Velociped“ kann trotz seiner Beschränkung auf drei Räder als das erste Automobil der Welt gelten.

Daimler-Reitwagen von 1885.
Daimler-Reitwagen von 1885.
Der originale Benz Patent-Motorwagen aus dem Jahr 1886 – das erste Automobil der Welt.
Der originale Benz Patent-Motorwagen aus dem Jahr 1886 – das erste Automobil der Welt.
Daimler-Reitwagen von 1885.
Der originale Benz Patent-Motorwagen aus dem Jahr 1886 – das erste Automobil der Welt.

Im gleichen Jahr und nur 100 km entfernt stellte Daimler die Motorkutsche vor. Sie gilt als das erste vierrädrige Automobil der Welt. Im Wesentlichen ist dieses Automobil eine leichte Kutsche, in die eine überarbeitete und leistungsstärkere Version der „Standuhr“ eingebaut war. Da Daimler die weiteren Einsatzgebiete seiner Motoren früh erkannte, erwog er bereits 1886 die Motorisierung von Booten, Schienenfahrzeugen und auch der Luftfahrt.

Gottlieb Daimler und sein Sohn Adolf auf dem Motorwagen (Motorkutsche), 1886.
Gottlieb Daimler und sein Sohn Adolf auf dem Motorwagen (Motorkutsche), 1886.

Sowohl Gottlieb Daimler als auch Carl Benz bemühten sich bereits frühzeitig um die internationale Vermarktung ihrer Erfindungen.

Im Gegensatz zu Carl Benz, der anfänglich nur in Frankreich über einen Vertreter verfügte, konnte Gottlieb Daimler auf mehrere Auslandskontakte zurückgreifen. Insbesondere in Frankreich und Großbritannien gelang es ihm, Lizenzverträge abzuschließen.

Auf der Weltausstellung 1876 in Philadelphia hatte Wilhelm Maybach William Steinway kennengelernt, den er Ende der 1880er Jahre mit Gottlieb Daimler zusammenbrachte. Nach seinem Besuch in Cannstatt sicherte sich Steinway das vertragliche Alleinvertretungsrecht für die gesamte Daimler-Produktpalette in den USA und Kanada.

Carl Benz gelang es erst zum Ende des 19. Jahrhunderts, seine Auslandsverbindungen zu intensivieren. Außer in Großbritannien konnte er überraschend in den USA und in Südafrika Erfolge feiern.

Neben den Bemühungen, auf dem ausländischen Markt Fuß zu fassen, trieben beide Pioniere die kontinuierliche technische Weiterentwicklung ihrer Produkte voran. So entwickelte Wilhelm Maybach, der als Ingenieur in der DMG tätig war, mit dem Spritzdüsenvergaser einen Meilenstein der Erfolgsgeschichte. Die Innovation stellte einen bahnbrechenden Fortschritt im Motorenbau dar, dessen Prinzip bis heute noch Anwendung findet. Die ersten großen Langstreckenfahrten in Frankreich und Großbritannien demonstrierten die Überlegenheit des Benzinmotors gegenüber dem Dampfantrieb. Das hervorragende Abschneiden der Daimler-Motoren markierte den technischen Durchbruch des Automobils.

Carl Benz gelang im Jahr 1893 mit der von ihm erfundenen Achsschenkellenkung ein weiterer entscheidender technischer Durchbruch, der das Problem der Lenkung von vierrädrigen Fahrzeugen löste.

Der Benz Patent-Motorwagen Victoria ist das erste Fahrzeug mit der so genannten Achsschenkellenkung, die Carl Benz 1893 zum Patent anmeldete.
Der Benz Patent-Motorwagen Victoria ist das erste Fahrzeug mit der so genannten Achsschenkellenkung, die Carl Benz 1893 zum Patent anmeldete.

Der 1894 auf den Markt gebrachte Benz „Velo“ wurde zu einem großen kommerziellen Erfolg. Ihm sollten ein motorbetriebener Omnibus und ein Lkw folgen.

Ein wesentliches Mittel zur Popularisierung der Innovationen war von Anfang an der Motorsport. Dieser diente vor allem dazu, die Leistungsfähigkeit der Automobile zu demonstrieren.

Das Benz Velo aus dem Jahre 1894 war das weltweit erste Serienautomobil.
Das Benz Velo aus dem Jahre 1894 war das weltweit erste Serienautomobil.

Die DMG legte den Grundstein für viele weitere Erfolge mit der Konstruktion eines Rennwagens, der von Emil Jellinek beauftragt und nach seiner Tochter Mercedes benannt wurde. Ende März 1901 bestand das neue Modell, der Mercedes 35 PS, seine Bewährungsprobe mit sensationellem Erfolg bei der „Woche von Nizza“.

Der sportliche Erfolg sollte sich auch wirtschaftlich für die DMG auszahlen.

Alltagstaugliche Versionen von Renn- und Hochleistungswagen bildeten in der Folgezeit die Basis des Geschäfts.

Emil Jellinek bei der Präsentation des Mercedes 35 PS auf der Rennwoche in Nizza 1901.
Emil Jellinek bei der Präsentation des Mercedes 35 PS auf der Rennwoche in Nizza 1901.
Das Warenzeichen "Mercedes" (Daimler-Motoren-Gesellschaft) wurde am 23. September 1902 gesetzlich geschützt.
Das Warenzeichen "Mercedes" (Daimler-Motoren-Gesellschaft) wurde am 23. September 1902 gesetzlich geschützt.

Den Markennamen „Mercedes“ hatte sich das Unternehmen bereits 1902 patentieren lassen. Um die mit den Erfolgen im Motorsport einhergehende, steigende Nachfrage zu bedienen und die dadurch notwendig gewordene Ausweitung der Produktion zu gewährleisten, entschied sich die DMG für die Erweiterung ihrer Betriebsstätte und verlegte im Dezember 1903 die Produktion von Cannstatt nach Untertürkheim.

Werbeanzeige Daimler-Motoren-Gesellschaft: "Daimler Lastkraftwagen für alle Zwecke!", erschienen 1914.
Werbeanzeige Daimler-Motoren-Gesellschaft: "Daimler Lastkraftwagen für alle Zwecke!", erschienen 1914.

Von Anfang an haben sich beide Firmengründer höchsten Qualitätsansprüchen verpflichtet („Vom Guten das Beste“, „Das Beste oder nichts“), die das Unternehmen bis heute prägen. Die von den Pionieren gegründeten Unternehmen entwickelten sich vor dem Ersten Weltkrieg trotz zunehmender Konkurrenz zu weltweit führenden Automobilherstellern für Pkw und Nutzfahrzeugen. Nach 1908 stellten sowohl die DMG als auch Benz & Cie. zunehmend Nutzfahrzeuge her, auch wenn die Wachstumsraten im Nutzfahrzeugbau bis zum Ersten Weltkrieg deutlich hinter den Zuwächsen der Pkw-Herstellung zurückblieben. Der Nutzfahrzeugbereich entwickelte sich somit zu einem wichtigen zweiten Standbein der Unternehmen.

Werbeanzeige Daimler-Motoren-Gesellschaft: "Mercedes Flug-Motor", erschienen 1913.
Werbeanzeige Daimler-Motoren-Gesellschaft: "Mercedes Flug-Motor", erschienen 1913.

Seit 1888 wurde der Verbrennungsmotor auch in der Luftfahrt eingesetzt, zuerst für Luftschiffe, in der Folge auch für Flugzeuge. Obwohl der Bau von Flugzeugmotoren vor dem Ersten Weltkrieg nur in geringem Maße zu den Umsätzen beitrug, erschien dieses Geschäftsfeld vielversprechend. Darauf deutet auch der 1909 eingeführte Mercedes-Stern als Firmenzeichen hin. Der Dreizack steht auch heute noch für: „Mobilität zu Land, zu Wasser und in der Luft“.

Jedoch veränderte der Ausbruch und Verlauf des Ersten Weltkriegs die Struktur der Auftragseingänge für beide Unternehmen. Die private Nachfrage wurde durch öffentliche, meist militärische Aufträge abgelöst, die auch zur Gründung des Standorts Sindelfingen beitrugen.

Die nahezu vollständige Ausrichtung der Produktion der beiden Vorläuferunternehmen auf die Bedürfnisse der Kriegswirtschaft und der Fronttruppen führte zu einer grundlegenden Umgestaltung ihrer Produktpalette, die mit der in Friedenszeiten nur wenige Gemeinsamkeiten hatte. Die beiden Unternehmen entwickelten sich in dieser Zeit zu den größten Flugmotorenherstellern in Deutschland.

Für den Lkw brachte der Erste Weltkrieg sowohl für den militärischen Einsatz als auch in der Privatwirtschaft den Durchbruch als Verkehrsmittel. Trotz der hohen Bedeutung der Lkws ging der Marktanteil der beiden deutschen Automobilbauer sukzessive zurück. Grund für diese Entwicklung war die enorme Anzahl von Firmenneugründungen in diesem Geschäftsfeld während des Ersten Weltkriegs.

Daimler (Marienfelde) Lastwagen Typ DR 4-5d für 5-Tonnen Nutzlast, um 1920.
Daimler (Marienfelde) Lastwagen Typ DR 4-5d für 5-Tonnen Nutzlast, um 1920.