Car-aoke | #1

„Fuel“ von Metallica.

Kaum ein Alltagsgegenstand hat die moderne Musik so sehr geprägt wie das Auto. In dieser Kolumne schreiben Redakteure des Daimler-Magazins in losen Abständen über Songs, die eine Automobil-Geschichte erzählen. Manche davon haben es damit sogar in die Musik-Geschichte geschafft...

2 Min. Lesedauer

von Christian Scholz, Autor
erschienen am 19. November 2019

Gimme fuel, gimme fire, gimme that which I desire, ooh!” Zugegeben: Diese Forderung klingt ein klein wenig wie aus der Zeit gefallen bei all den Diskussionen rund um CO2, Klimaschutz und Elektromobilität. Laute Motoren mit viel PS unter der Haube und die Faszination von hoher Geschwindigkeit – ja, das sind Leidenschaften, zu denen man sich heute öffentlich nicht mehr ganz so lautstark bekennen will.

Im Jahr 1997 dürfte das Metallica herzlich egal gewesen sein. Vermutlich ebenso egal wie die Tatsache, dass man mit den 90er-Scheiben „Load“ und „Reload“ viele Fans geschockt und nicht wenige verloren hat, die mit dem Wechsel vom Thrash- und Heavy Metal der ersten fünf Platten hinzu reiferer Rockmusik mit Country- und Blueseinflüssen nicht wirklich viel anfangen konnten. Schwamm drüber, heute haben sich die Mannen um James Hetfield längst wieder ihren harten Wurzeln zugewandt, sind als Endfünfziger erfolgreich wie nie und gelten mit über 22 Millionen verkaufter Tickets als erfolgreichste Live-Band aller Zeiten, die Generationen vereint.

Albumcover "Metallica - Reload"
Albumcover "Metallica - Reload"

Ob der Song „Fuel“ auf den diesjährigen Open-Airs aus Rücksicht auf die oftmals umweltbewusstere jüngere Generation nicht gespielt wurde, möchte ich dennoch bezweifeln. Schade war es allemal, denn als Opener passt dieses Lied wie kaum ein anderes zu einer treibenden Rock- und Metal-Show mit viel Rauch und Feuer auf der Bühne. Und „Fuel“ ist eines der wenigen Lieder aus den 90ern, die auch bei den Fans ankommen, die mit der Band zusammen älter geworden sind und früher mit fettem Heckscheiben-Aufkleber auf dem GTI oder wahlweise GSI ihre Liebe zu den Kaliforniern bekundeten. Die Liebe ist geblieben, auch wenn heute auf der Familienkutsche kein Platz mehr für Aufkleber ist, die sich nicht auf die Namen krakelnder Mitfahrer auf der Rückbank beziehen (der Parkplatz beim Mannheimer Maimarktgelände, wo die Band im August gastierte, gab davon Zeugnis).

Doch egal ob jung oder alt, Rock und Metal stehen wie kaum ein anderes Musik-Genre bis heute für Power, Spaß und auch ein wenig Rebellion. Und ganz ehrlich: Wer will denn schon immer vernünftig und rational sein? Eben! „Quench my thirst with gasoline”, singt Hetfield, der Sohn eines Truckers, und man nimmt ihm sofort ab, dass er Benzin im Blut hat – ein echter Petrolhead, wie man in den Staaten sagt. In seiner Freizeit schraubt er gerne selbst an seinen umgebauten Oldtimern herum – darunter befinden sich solche Raritäten wie ein Lincoln Zephyr Voodoo Priest aus dem Jahr 1937 und ein Jaguar Black Pearl von 1948, der schon zahlreiche Custom-Awards abräumte. Unter der Haube setzt Hetfield auf einen amerikanischen 5,0-Liter-V8 von Ford. Ist das vernünftig? Nein. Ist das Rock 'n' Roll? Verdammt, ja! Und auch wenn sparsamen Motoren und der Elektromobilität die Zukunft gehören: Ein bisschen Unvernunft ab und an das darf schon sein – nicht nur im Rock 'n' Roll.

Christian Scholz

…vergöttert Metallica seit seinem 15. Lebensjahr und hätte sich damals nicht vorstellen können, dass man mit 30 Jahren noch Heavy Metal hört, geschweige denn auf der Bühne spielt. Heute freut er sich, dass er sich geirrt hat und seine alten Heroen auch noch mit Ende 50 zeigen, wo der (Metal-)Hammer hängt.

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