Responsible Advocacy.

Was wir unter verantwortungsvoller Interessenvertretung verstehen

Responsible Advocacy.

Der Schutz des Klimas gehört zu den existenziellen Herausforderungen unserer Zeit. Mit der „Electric only“-Strategie treiben wir bei Mercedes-Benz die Transformation in eine emissionsfreie und softwaregetriebene Zukunft voran. Je ambitionierter die Ziele werden, die von der Politik vorgegeben werden, umso weniger können sie allein von der Automobilindustrie und ihren Unternehmen erreicht werden. Es kommt wesentlich auf die richtigen politischen Rahmenbedingungen an. Notwendig dafür ist ein Dialog zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft – genau hier setzt die Arbeit von External Affairs an.

Autor: Eckart von Klaeden

Zu Recht wird heute von Unternehmen erwartet, dass sie sich nicht nur auf ihre unmittelbaren Kernaufgaben wie Gewinnerzielung, Forschung und Entwicklung oder Beschäftigung konzentrieren. Als Good Corporate Citizen haben sie darüber hinaus eine gesellschaftliche Verantwortung. Dazu gehört auch die politische Interessenvertretung. Denn die Abwägung unterschiedlicher Interessen ist in der politischen Entscheidungsfindung unerlässlich. Die politischen Entscheidungsträger müssen so gut wie möglich über Konsequenzen oder Alternativen ihres Handelns informiert sein. Frühzeitige Informationen helfen ihnen, rechtzeitig die richtigen Entscheidungen zu treffen und eine sachgerechte Abwägung vorzunehmen. Transparenz ist dabei kein Widerspruch – im Gegenteil. Es ist ein nachvollziehbares und unterstützenswertes Anliegen, den Entscheidungsprozess und seine Teilnehmer zu kennen. Wir begrüßen daher nicht nur das Lobbyregistergesetz in Deutschland, sondern tragen uns seit 2008 freiwillig in das Brüsseler Transparenzregister bei der Europäischen Union ein.

Anwalt der Unternehmensinteressen

Auch wenn im Folgenden immer wieder von Lobbyarbeit die Rede ist, bevorzugen wir den Begriff der „Advocacy“: Wir sehen uns als Anwalt der Unternehmensinteressen im politischen Prozess. Advocacy ist zudem weniger vorurteilsbelastet und beschreibt unsere Tätigkeit präziser.

Unsere Arbeit für den Konzern richten wir schon lange an Prinzipien für integres Lobbying aus. Leitbild ist dabei, die Schnittmenge zwischen Unternehmens- und öffentlichem Interesse zu identifizieren und wo immer möglich zu erweitern. Das ist ein wechselseitiger Prozess: Einerseits gilt es, das Handeln des Unternehmens über die Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen hinaus an den legitimen Anliegen von Gesellschaft und Politik auszurichten. Andererseits leisten erfolgreiche Unternehmen allein durch ihre Steuerzahlungen, Forschungsaktivitäten und nicht zuletzt die Beschäftigung einen nicht wegzudenkenden Beitrag für ein florierendes Gemeinwesen.

Eckart von Klaeden, Leiter External Affairs. (Foto: Pascal Thiel)
Eckart von Klaeden, Leiter External Affairs. (Foto: Pascal Thiel)

Vertrauen ist ein entscheidender Faktor

Vertrauen ist für unsere Arbeit ein entscheidender Faktor. Deshalb richten wir unsere Tätigkeit an überprüfbaren Zahlen, Daten und Fakten aus und geben Auskunft über unsere Interessen und Motive. Unsere Ansprechpartner müssen unsere Ansichten nicht teilen, sich aber auf die Qualität unserer Argumente verlassen können. Als interne Richtschnur orientieren wir uns dabei am „Tabloid Test“: Sind wir jederzeit in der Lage, zu unserer Tätigkeit überzeugend Rede und Antwort zu stehen, auch wenn über sie zugespitzt berichtet werden sollte?

Wir wollen offen sein für andere Blickwinkel und auch für Allianzen, die auf den ersten Blick vielleicht ungewöhnlich erscheinen mögen. Gerade die Transformation der Automobilindustrie, die Herausforderungen der Digitalisierung und des Klimawandels führen dazu, dass wir als Unternehmen neue Allianzen eingehen – sei es mit Firmen oder Verbänden aus anderen Branchen, mit NGOs oder mit Betriebsräten sowie Gewerkschaften bei der Transformation unserer Werke. Nach unserer Überzeugung lassen sich die großen Aufgaben unserer Zeit – wie die Bewältigung des Klimawandels – bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung und im besten Fall sogar Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und sozialer Akzeptanz nur gemeinsam erreichen. Dieser kooperative Ansatz setzt die Bereitschaft zum Kompromiss voraus. Für uns heißt das insbesondere: Wir wollen Teil der Lösung sein.

Interessenvertretung in der Matrix-Organisation

Die Mercedes-Benz Group AG hat die weltweite Vertretung der Unternehmensinteressen im Bereich External Affairs gebündelt. Wir unterstützen das Unternehmen beim Erreichen seiner Ziele, indem wir den Dialog mit politischen Stakeholdern in Schlüsselmärkten aufbauen und pflegen. Darüber hinaus verstehen wir uns als interner Dienstleister. Wir analysieren weltweit Entwicklungen, die den Erfolg unseres Unternehmens beeinflussen könnten – etwa beim Thema Handelspolitik oder Regularien – und unterstützen international und proaktiv Kolleginnen und Kollegen mithilfe unseres weltweiten Netzwerks. Organisatorisch sind wir in einer Matrix-Struktur aufgestellt. Im Stuttgarter Headquarter beschäftigen wir uns mit der regulatorischen Strategie, mit operativen (das heißt für unser globales Produktionsnetzwerk relevanten) Themen sowie der Analyse volkswirtschaftlicher und politischer Entwicklungen. Daneben gibt es Büros in Berlin, Brüssel, Washington und Peking, die den direkten Draht zu den Entscheidungsträgern halten und ihre Fühler am Puls politischer Entwicklungen haben. Mit unserer Arbeit machen wir gegenüber unseren Gesprächspartnern deutlich, was eine auf den ersten Blick abstrakte politische Entscheidung konkret für die Industrie, ein Produkt, einen Standort und die Beschäftigten bedeuten kann.

SUV-Produktion im US-Werk in Tuscaloosa, Alabama.
SUV-Produktion im US-Werk in Tuscaloosa, Alabama.

Regelmäßig stellen wir uns und unsere Arbeit auf den Prüfstand. So läuft bei uns aktuell ein Projekt mit dem Wittenberg-Zentrum für Globale Ethik. Mithilfe von Experteninterviews mit Vertreterinnen und Vertretern von NGOs, Think Tanks, Politik und Verwaltung lassen wir so unabhängig unsere Arbeitsprozesse auf Integrität und ethisches Verhalten evaluieren und holen uns damit wertvolle Impulse von außen.

Moderne Interessenvertretung im Wandel

Die Transformation, in der wir als Unternehmen stecken, erfordert aus Sicht der Interessenvertretung ein schnelles Handeln auf allen Ebenen. In diesem Kontext verändert sich auch unsere Arbeit im Hinblick auf Ziele, Adressaten und Formate. Bei den Adressaten suchen wir stärker den Dialog mit NGOs und Vertretern der Bürgergesellschaft.

Hybride und digitale Veranstaltungsformate gewinnen an Bedeutung. Außerdem nehmen nicht-finanzielle Faktoren, bei Investorinnen und Investoren oft mit dem Begriff ESG – „Environmental“ (Umwelt), „Social“ (Gesellschaft) und „Governance“ (Unternehmensführung) beschrieben – sowohl in der Unternehmensstrategie als auch in der Advocacy einen wachsenden Raum ein.

Ola Källenius, CEO Mercedes-Benz Group AG, bei der COP26 in Glasgow 2021.
Ola Källenius, CEO Mercedes-Benz Group AG, bei der COP26 in Glasgow 2021.

Dialog und Kooperation

Ein Beispiel: Für Mercedes-Benz ist das Pariser Klimaschutzabkommen mehr als eine Pflicht – es ist eine Überzeugung. Daher gehört es auch in den Aufgabenbereich von External Affairs, das Unternehmen in Fragen der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes als eine treibende Kraft zu positionieren. Beim Klimagipfel COP26 in Glasgow 2021 etwa gehörte Mercedes-Benz zu den 11 Automobilherstellern, die zusammen mit 38 Ländern eine Absichtserklärung unterschrieben, in absehbarer Zeit nur noch Null-Emissions-Fahrzeuge auf den Markt zu bringen.

In Summe gilt: Entscheidend für verantwortungsvolle Interessensvertretung sind der Dialog und die Kooperation von Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Sozialpartnern, ohne das Primat der Politik infrage zu stellen. Dialog und Kooperation sind Teil des Erfolgsrezepts der Sozialen Marktwirtschaft und Voraussetzung dafür, dass der vor uns liegende Wandel gelingen kann. Über das Gemeinwohl wird in einer Demokratie im Diskurs, in Wahlen und Abstimmungen entschieden. Wir wollen, dass alle an diesem Prozess angemessen teilnehmen können.

Eine erfolgreiche „electric only“-Strategie von Mercedes-Benz erfordert die richtigen politischen Rahmenbedingungen.
Eine erfolgreiche „electric only“-Strategie von Mercedes-Benz erfordert die richtigen politischen Rahmenbedingungen.

Dieser Beitrag wurde zuletzt im Juli 2024 aktualisiert.

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