Mit Vertrauen und Dynamik zur perfekten Batteriesteuerung.
Fabian Sinram weiß genau, auf was es bei der präzisen Steuerung moderner Antriebssysteme für Elektrofahrzeuge ankommt. Gemeinsam mit seinem Team entwickelt er komplexe Software-applikationen für Hochvoltsysteme, Inverter und das Batteriemanagement – und sorgt so bei den exklusiven Elektro- und Hybridfahrzeugen von Mercedes-AMG für höchste Leistung und maximale Zuverlässigkeit. Warum es ihm bei der Zusammenarbeit vor allem auf Vertrauen ankommt, was er an Fahrzeugtests mit neuen Modellen besonders liebt und wie er als Dualer Studierender zu Mercedes-Benz kam, erläutert Fabian Sinram im Interview.
Herr Sinram, Sie leiten bei Mercedes-AMG die Softwareentwicklung für die Hochvoltsysteme. Auf was kommt es dabei an?
Kurz gesagt, dass das Auto das tut, was der Fahrer oder die Fahrerin erwartet. Das Batteriemanagementsystem ist ein gutes Beispiel. Allein für die Fahrbereitschaft eines Elektrofahrzeugs laufen hier im Hintergrund unzählige Prozesse ab. Dabei kommt es auf Präzision an: dass die Batterie zum richtigen Zeitpunkt die Schütze schließt, dass die richtigen Signale an die Antriebskomponenten gesendet werden. Darüber hinaus muss das System ständig Spannung und Temperatur der einzelnen Batteriezellen überwachen und entsprechend reagieren. Wir schaffen die Voraussetzung, dass die Fahrzeuge nach der Produktion vom Band fahren können – und später auf der Straße ihre volle Leistung bieten. Wenn wir unseren Job richtigmachen, merken unsere Kundinnen und Kunden gar nicht, dass es unsere Systeme gibt (lacht).
Wie gehen Sie bei der Entwicklung dieser Softwarekomponenten vor?
Bis vor kurzem haben wir beispielsweise am neuen Mercedes-AMG GT 63 S E Performance
*Mercedes-AMG GT 63 S E PERFORMANCE 4-Türer Coupé | WLTP: Kraftstoffverbrauch gewichtet kombiniert: 7,9 l/100 km; CO2 Emissionen gewichtet kombiniert: 180 g/km; Stromverbrauch gewichtet kombiniert: 12,0 kWh/100 km.
Das ist sicher ein klasse Gefühl …
Definitiv – und oft ist es auch spannend. Neulich sind wir etwa bei der Heimfahrt von einer Testfahrt in Schweden mit einem Elektro-prototypen liegengeblieben und mussten abgeschleppt werden. Eines der Steuergeräte war nicht richtig abgedichtet. Prototypen sind eben noch nicht immer ganz perfekt – aber das ist es, was den Reiz an unserem Job ausmacht. Oder wir testen unsere Systeme in der Kältekammer. Wenn der Kaltstart des Antriebssystems bei minus 30 Grad Celsius auf Anhieb gelingt, dann schlägt das Ingenieursherz schon mal höher (lacht).
Und wie können wir uns Ihr Team vorstellen?
Wir sind so etwas wie die Schnittstelle zwischen Software und der Hardware. Deshalb haben die meisten in meinem Team sowohl Kenntnisse, wenn es um Programmierung geht als auch aus dem klassischen Ingenieurwesen, wie Elektrotechnik oder Maschinenbau. Etwas Leiden¬schaft, auch mal am Fahrzeug zu schrauben, gehört bei uns definitiv auch dazu (lacht). Themenmäßig decken wir mehrere Bereiche ab: Einige Kolleginnen und Kollegen sind Spezialisten für Hochvoltenergiemanagement, andere für Inverter, Batteriemanagement oder Diagnosen.
Wie gelingt Ihnen bei einem so breiten Themenspektrum die Teamführung?
Dazu gehört in erster Linie Vertrauen. Es ist wichtig, dass wir uns im Team 100-prozentig aufeinander verlassen können. Jede und jeder ist ein Spezialist auf dem jeweiligen Fachgebiet. Als Führungskraft sehe ich mich eher als Coach. Ich kann mich nicht detailliert in alle Themen einarbeiten, aber es ist zentral, dass wir alle das gleiche Ziel haben. Auf dem Weg dorthin haben alle im Team viel Freiheit.
Können Sie das etwas genauer erklären?
Elektromobilität und Digitalisierung sind zentrale Bestandteile unserer Unternehmensstrategie . Mit MB.OS bauen wir unsere Kompe¬tenzen in der Softwareentwicklung massiv aus. Der Wandel erfordert aber auch ganz neue Formen der Zusammenarbeit. Ich erlebe das immer bei unseren Testfahrten. Die sind nicht nur wichtig, weil wir unsere Fahrzeuge in Extremsituationen testen, sondern auch wegen des Mindsets. Wir sind mit ganz durchmischten Teams unterwegs: von der Motorapplikation über das Fahrwerk bis zum Gesamtfahrzeugversuch. Wir tauschen uns aus, auch in der Kaffeeecke wird über technische Themen diskutiert. Oft entstehen dabei außergewöhnliche Lösungen. Diese Dynamik wollen wir in unseren Arbeitsalltag transferieren. An dieser Transformation mitzuarbeiten, ist für mich sehr spannend und macht Spaß.
Jetzt müssen Sie uns noch erzählen, wie Sie eigentlich zu Mercedes-Benz gekommen sind?
Ich war schon immer autobegeistert, das habe ich sicher von meinem Opa. Nach meinem Abi wollte ich dann etwas Technisches studieren. Ich hatte mich unter anderem für Luft- und Raumfahrttechnik beworben. Durch einen Zufall habe ich dann von der Möglichkeit erfahren, ein Duales Mechatronik-Studium bei Mercedes-Benz zu machen. Das hat mich sofort gereizt, weil es mit Maschinenbau, Elektronik und Informationstechnologie eine Kombination aus drei wichtigen Zukunftstechnologien ist. So bin ich dann als Dualer Studierender gestartet. Ein weiterer Vorteil war dann natürlich auch, dass ich während meines Studiums schon weitestgehend finanziell unabhängig war.
Wie ging es nach Ihrem Studium weiter?
Ich war auf verschiedenen Stationen bei der Entwicklung von Energiemanagementsystemen für Hybridfahrzeuge und bei der Entwicklung von Elektronikkomponenten für Verbrennungsmotoren bei Mercedes-Benz. Und 2016 hat mich dann ein Kollege gefragt, ob ich in die Entwicklung der AMG Drive Unit zu AMG wechseln möchte. Bei der Entwicklung von Hochleistungsfahrzeugen bieten sich für Ingenieure natürlich nochmal ganz andere Möglichkeiten – wenn AMG ruft, dann kommt man (lacht). Und seit 2019 bin ich nun Teamleiter in der Funktionsentwicklung Electric Drive bei AMG.
Wir haben zum Schluss noch eine etwas andere Frage an Sie: Welche Persönlichkeit aus der Zeitgeschichte würden Sie gerne einmal treffen?
Dann würde ich gerne Apple-Gründer Steve Jobs treffen. Ich glaube, es gibt kaum einen Menschen, der die Welt, in der wir heute leben, mehr mitgeprägt hat als er. Neulich habe ich eine interessante Frage gehört: Was war 2006 während der Fußball Weltmeisterschaft in Deutschland die meist heruntergeladene App? Die im ersten Moment verblüffende Antwort: Keine, denn das Smartphone war in dieser Form damals noch gar nicht erfunden. Wenn wir uns vorstellen, was sich in dieser kurzen Zeit alles verändert hat, das ist schon gewaltig – und Steve Jobs hatte mit seinem Mindset, Charisma und seiner Art, Dinge anzupacken, einen großen Anteil daran.