Nach 15 Jahren als Lieferantenentwicklerin sind Sie nun eine der ersten Teilnehmerinnen des neuen Projekts „Digitale Pioniere“ bei Mercedes-Benz. Sie bilden sich jetzt zur Junior Softwareentwicklerin weiter. Wie groß ist Ihre Entdeckungsfreude auf diesem Gebiet?
Elektromobilität und Digitalisierung sind bei uns im Unternehmen zentrale Themen. Diese Transformation betrifft unseren Standort als Produktionswerk von Komponenten und Motoren für Verbrenner enorm. Das Werk muss sich also verändern und da war klar: Ich will mich auch verändern. Da gilt es, auch nach fast 20 Jahren bereit zu sein, nochmal etwas Neues zu lernen. Ich will dabei sein, wenn das Werk sich transformiert und sehen, wie wir das gemeinsam schaffen. Es ist für mich absolutes Neuland und ich bin eine der wenigen im Programm, die keinerlei Vorkenntnisse hatte. Ohne dafür offen zu sein und den Willen zu haben, kann man das nicht schaffen.
Wie lief das Auswahlverfahren ab?
Ich nahm an einer „Digital Challenge“ teil, bei der ich 15 Fragen zu digitalen Themen auf Englisch beantwortet habe. IT-Grundkenntnisse waren dabei nicht erforderlich. Danach erfuhr ich schnell, dass ich die Challenge erfolgreich absolviert hatte. In einem persönlichen Gespräch, wurden meine aktuellen Englisch-Kenntnisse, sowie die Motivation zu dieser berufsbegleitenden Qualifikation abgefragt. Es hatten sich wirklich viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dafür beworben. Insgesamt haben mehrere Hundert meiner Berliner Kolleginnen und Kollegen an der Challenge teilgenommen. Am Ende wurden elf Teilnehmende ausgewählt, darunter ich, die das Programm erstmalig durchlaufen. Wir stammen aus verschiedensten Berufsgruppen, vor allem aus der Produktion. Mittlerweile gibt es schon eine zweite Gruppe von angehenden Junior-Softwareentwicklern in Berlin. Es werden bestimmt noch weitere folgen.
Sie haben im November 2021 begonnen. Wie integriert sich die Qualifikation in Ihren Arbeitsalltag?
Wir sind zwei Tage pro Woche für das Projekt freigestellt und da die Qualifizierung online stattfindet, kann man sich die Lernzeit und auch den Lernort flexibel einteilen. Anfangs war es für alle im Team natürlich eine Umstellung sich aus dem laufenden Betrieb rauszulösen. Inzwischen haben wir auch noch Verstärkung im Team und ich kann mich optimal auf die Qualifizierung konzentrieren. Einige Herausforderungen bleiben aber natürlich immer. Die besprechen wir in unseren wöchentlichen „Pionierstunden“ um die Erfahrungen auch weiter zu geben um der Folgegruppe den Weg zu ebnen.
Und wie gestaltet sich das Lernen?
Nach jeder Lektion wird das Wissen geprüft, indem man eine Projektaufgabe bearbeitet und abgibt. Nach dem ersten Qualifikationsblock gab es eine „Digital Challenge 2.0“. Hier wurden gelernte Fähigkeiten abgefragt, um den Qualifizierungsstand einschätzen zu können und die Lerninhalte der weiteren Vertiefung abzuleiten. Danach geht es dann in die Spezialisierung – entweder zum Front End Developer oder Full Stack Developer. Ich habe mich fürs Front End entschieden, also den für den Nutzer sichtbaren Teil einer Website oder App. Zum Programm gehören neben der Theorie auch Praxiseinsätze. Dafür werden in der Mercedes-Benz Group kleine Aufträge oder laufende Projekte genutzt, bei denen wir mitarbeiten, um erlernte Fertigkeiten zu festigen. In Summe sind es zwischen 290 bis 330 Stunden Online-Lernen in Englisch. Anfangs musste ich mir viele Worte übersetzen, da mir die englischen Fachbegriffe des Programmierens nicht geläufig waren. Mittlerweile ist dies immer weniger nötig. Vor dem Hintergrund, dass das ganze Coden in Englisch ist und viele Software-Entwicklungsteams multikulturell sind, macht Englisch absolut Sinn. Das merkte ich auch in der zweiwöchigen Hospitation bei unserem Softwareentwickler MBition.