Wie seid Ihr in deiner Abteilung aufgestellt?
Wir haben unterschiedliche Expertisen. Zur UI-Abteilung zählen Psychologen, Human Factors-Experten, Kognitionswissenschaftler, Biologen, Neurologen, Sprachwissenschaftler, Interaktionsdesigner und Medieninformatiker. Sehr viele Menschen beschäftigen sich also damit, wie sich Navigation, Fahrprogramme und vieles mehr intuitiv bedienen lassen. Wir tauschen uns viel aus, holen uns untereinander Rat, arbeiten gemeinsam am MBUX-Infotainmentsystem. Wir haben auch unsere eigene UI-Software, damit wir uns mit den Product Ownern, die sich noch intensiver mit Softwarefragen beschäftigen, dazu austauschen können.
Was hat dich zu Mercedes-Benz gebracht?
Ich habe mich schon immer sehr für Autos interessiert und sie waren auch in meiner Familie ein großes Thema. Technik fand ich von jeher spannend, ebenso die Unterschiede im Denken und Handeln von Menschen. Nach meinem Bachelorstudium der Psychologie war ich auf der Suche nach einem Anwendungsfeld wo Technik und Mensch eine große Rolle spielen. So kam ich zum Studiengang „Human Factors“, der sich eben mit dem Faktor Mensch bei technischen Entwicklungen beschäftigt. Und da passte es perfekt, dass Mercedes-Benz zu diesem Zeitpunkt bereits den Menschen immer mehr in den Mittelpunkt rückte bei der Fahrzeugentwicklung – und dafür Experten wie mich suchten, deren Hauptaufgabe es ist, dass Auto intuitiver zu gestalten.
Du hast mit der Spezifikation verschiedener Unterhaltungskonzepte im Unternehmen begonnen und warst danach u.a. für das Display der G-Klasse und Gesteninteraktion verantwortlich. Sind Gesten international eindeutig zu interpretieren?
Ein ganz spannendes Thema! Einerseits ist die nonverbale Kommunikation sehr stark kulturell geprägt – auch wie viele Gesten man zum Beispiel automatisch macht. Diese sind im Fahrzeug nicht förderlich, weil ich dann aus Versehen Vorgänge aktivieren könnte. Andererseits ist es auch eine Frage der Persönlichkeit, ob man viel oder wenig gestikuliert. Wir achten darauf, dass man keine neuen Gesten lernen muss als Nutzer, sondern wir suchen uns neutrale Gesten, die noch nicht belegt sind. Bestimmte Bewegungen machen die Fahrerinnen und Fahrer ohnehin. Zum Beispiel greift man manchmal nach dem Licht am Fahrzeughimmel oder legt eine Tasche auf dem Beifahrersitz ab. Der Interieurassistent erkennt intuitive Gesten und macht bereits das Licht an, wenn die Hand Richtung Licht geht. Das soll möglichst weltweit gleich funktionieren, nur manchmal nehmen wir leichte Anpassungen für einzelne Länder vor.
Ein lernendes System wie MBUX basiert auf Künstlicher Intelligenz und stellt sich mehr und mehr auf die Nutzerinnen und Nutzer ein. Welche Vorteile bietet das für den Fahrkomfort?
Wir wollen die Nutzerinnen und Nutzer entlasten. Das Fahrzeug unterstützt einen nun immer mehr bei der individuellen Benutzung. Nicht jeder Mensch und jede Fahrsituation ist gleich. Das System kann situativ lernen, wie man fährt und es benutzt. Wenn man sagt: „Ruf meinen Boss an!“, dann speichert es ab, wer die Führungskraft ist, genauso wie es die Führungskraft eines anderen Fahrers abspeichern würde. Auch die Sprachbedienung lernt kontinuierlich, zum Beispiel Akzente zu unterscheiden.
Und was muss das Infotainment der Zukunft für dich unbedingt können?
Ich wünsche mir Gesamterlebnisse. Nicht einzelne Anzeigen und Funktionen, sondern immersive Effekte, wo alles zusammenspielt, so dass ich sagen kann: Das geht nur im Auto und jedes Einzelteil trägt etwas zu meinem Gesamterlebnis bei.