Du hast Industrie- und Produkttechnik in Mysore (Indien) studiert. Woher stammt Dein Interesse für Technik?
Als Kind bin ich gerne mit dem Zug gefahren. Als ich mit meiner Schulklasse einen Ausflug zum Eisenbahnmuseum gemacht habe, in dem viele alte Züge ausgestellt waren, weckte das mein Interesse an der Entwicklung von Technologien. Für mich geht es außerdem darum, etwas Konkretes schaffen zu können. Deshalb interessierte mich die Automobilbranche und die Industrie- und Produkttechnik. Ich stellte mir vor, dass ich hier sichtbar und spürbar Einfluss ausüben könnte und „mein Produkt“ Kundinnen und Kunden erreichen würde. Als Mercedes-Benz dann an meiner Universität zu Gast war, erfuhr ich mehr über das Unternehmen und wollte dort arbeiten. Was dann zum Glück auch klappte.
In Deinem Team in Bangalore kümmerst Du Dich um die Integration von Fahrerassistenzkomponenten wie Kameras und Radaren. Wie können wir uns Dein Team vorstellen, wie gestaltet sich eure Zusammenarbeit?
Alle Komponenten sind im Grunde genommen in Kombination erforderlich, da sie für die notwendigen Funktionen miteinander kommunizieren. Wenn nur eine Komponente versagt, versagen wir als Team zusammen. Wir sind also voneinander abhängig, auch wenn wir nicht direkt miteinander arbeiten. Beispielsweise arbeitet ein Kollege an Kameras, während ich an Radarsensoren arbeite. Wir müssen viel interagieren, da alle Komponenten am Stoßfänger befestigt werden, aber zwei Sensoren nicht zu nah aneinander liegen dürfen. Während ich meinen Radarsensor positioniere, positioniert ein anderer Kollege seinen Parksensor: Die Kamera hat besondere Stärken bei der Objektklassifizierung, Radarsensoren sind besonders gut beim Erkennen von Geschwindigkeitsdifferenzen. Am gleichen Stoßfänger befinden sich noch weitere Fahrassistenzkomponenten. Gemeinsam stellen wir sicher, dass sämtliche Anforderungen erfüllt werden. Wir arbeiten bei jedem Fahrzeug agil zusammen. Wenn ich beispielsweise auf Projektebene an einer Fahrzeugbaureihe arbeite, dann arbeite ich eng mit einem Teammitglied zusammen, das zwar an einem anderen Sensor, aber an der gleichen Fahrzeugbaureihe arbeitet. Was mir wirklich Spaß macht, ist das gemeinsame Arbeiten an zukunftsweisenden Ideen. Innovation wird sehr gefördert, was uns dabei hilft, über den Tellerrand hinauszuschauen. Die Arbeit in einem Team, das nach Spitzenleistungen strebt, hilft mir, über mich hinaus zu wachsen.
Du hast durch die CSR-Initiative „Mercedes in Mech“ von Mercedes-Benz Research and Development India (MBRDI) ein Vollstipendium erhalten und nach einem Praktikum Deine erste Vollzeitstelle angetreten. Wie wichtig war diese Förderung für Dich?
Für mich war das ein großartiger Start! Es hat meiner Karriere einen Schub gegeben, da ich gerade dabei war, mich für einen zukünftigen Arbeitsbereich zu entscheiden. Mercedes-Benz stellte uns im zweiten Studienjahr am Campus „Mercedes in Mech“ vor. Dabei geht es darum, Frauen zu ermutigen, sich dem mechanischen Bereich zuzuwenden. Ich machte daraufhin ein Praktikum im Unternehmen und wurde als eine von sechs Kommilitoninnen für das zweijährige Stipendienprogramm vorgeschlagen. Ich bekam vom ersten Tag an ein gutes Mentoring. So konnte ich mich besser in die Unternehmenskultur und -prozesse von Mercedes-Benz einleben. Daraufhin ergab sich dann die Chance auf eine Vollzeitstelle. Die Möglichkeit bot sich mir zur richtigen Zeit und mit den richtigen Menschen!
Während Deines Studiums hast du in der Non-Profit Organisation „Make a Difference“ mitgearbeitet, um Kindern in Notunterkünften Bildung zu ermöglichen. Welche Bedeutung hat dieses ehrenamtliche Engagement für Dich und wie hat es Deine persönliche Entwicklung beeinflusst?
Ich begann mit der Freiwilligenarbeit direkt im ersten College-Jahr. Ich habe das Privileg einer Bildung genossen, während es gleichzeitig viele Kinder in Indien gibt, die dieses Privileg nicht haben. Natürlich können wir nicht alles von heute auf morgen ändern, aber man kann persönlich etwas beitragen, das vielleicht später Erfolg bringt. In den ersten beiden Jahren war ich freiwillige Lehrkraftunterstützung, dabei unterrichtete ich Kinder in den Klassen 5 bis 10 in Englisch, Mathematik und Wissenschaft. Meistens halfen wir den Kindern beim Lernen, aber leisteten auch emotionale und mentale Unterstützung. In der 10. Klasse halfen wir ihnen bei den Prüfungen und bei der Berufswahl. Manche von ihnen melden sich später und berichten von ihrem weiteren Werdegang. Bei meiner Arbeit für „Make a Difference“ habe ich keinen monetären Beitrag geleistet, sondern eigentlich nur meine Zeit, meine Denkweise und teilweise mein Wissen bereitgestellt, und trug damit zum größeren Ganzen bei. Im Laufe der fünf Jahre konnte ich auch meine eigenen Fähigkeiten ausbauen. Ich schulte zum Beispiel andere Freiwillige. Die Organisation ist sehr groß, sie ist in Indien in 14 Staaten und 23 Städten tätig. Es war, als wäre man Teil eines richtigen Unternehmens. Ich erwarb Führungskompetenzen, Präsentations- und Projektmanagementfähigkeiten. Ich lernte, wie ich freiwillige Helferinnen und Helfer führen, ein Projekt oder Team leiten und Konflikte lösen kann. Diese Arbeit hat mir auch in meiner persönlichen Entwicklung sehr geholfen.
Welches persönliche Ziel möchtest Du noch erreichen?
Mein größtes persönliches Ziel ist eine Kombination aus Projektleitung und Führungsrolle, bei der ich nah am Thema sein kann, von Anfang bis Ende weiß, was passiert, und gemeinsam mit meinem Team an der Umsetzung eines Ziels arbeiten kann. Das möchte ich im Laufe der Zeit erreichen.
Letzte Frage: Wenn automatisiertes Fahren auf der sogenannten Stufe 4 der Standard auf den Straßen wird, was würdest Du während der Fahrt meistens tun?
Ich würde mich wahrscheinlich entspannt zurücklehnen und während der Fahrt schon den nächsten Reiseplan erstellen, denn ich verreise sehr gerne. Vermutlich würde ich im Internet nach Orten und Restaurants suchen, die ich besuchen und erkunden kann, da ich auch eine Feinschmeckerin bin (lacht). Reiserouten zu erstellen, ist eine echte Leidenschaft von mir. Oder aber ich würde den Großteil der Zeit damit verbringen, eine Bucket-List mit Dingen, die ich noch gerne machen will, zu erstellen.