Chemisches Recycling.

Mercedes-Benz schließt den Wertstoffkreislauf

Vom Altreifen zum Türgriff.

Mit chemischem Recycling will Mercedes-Benz den Wertstoffkreislauf von alten Autoreifen schließen. Das Verfahren reduziert den Einsatz fossiler Ressourcen und den CO₂-Fußabdruck. Als erste Serienmodelle haben EQE und S-Klasse Bügeltürgriffe aus dem Recycling-Kunststoff erhalten.

Mercedes-Benz schafft die notwendigen Voraussetzungen, um vollelektrisch zu werden. Das Tempo der Transformation bestimmen die Marktbedingungen und die Wünsche unserer Kunden. Dabei liegt ein Fokus auf dem schonenden Umgang mit Ressourcen. In diesem Zuge überdenkt das Unternehmen auch die Zusammensetzung aller Materialien, die in seinen Fahrzeugen zum Einsatz kommen. Das Ziel: den Ressourcenverbrauch zunehmend vom Wachstum der Produktionsleistung zu entkoppeln.

Markus Schäfer, Vorstandsmitglied der Mercedes-Benz Group AG. Chief Technology Officer, Entwicklung & Einkauf.

Über die Zusammenarbeit mit unserem Lieferantennetzwerk bringen wir Bauteile in unterschiedlichen Fahrzeugmodellen in Serie, für die Pyrolyse-Öl unter anderem aus recycelten Pkw-Reifen fossile Rohstoffe ersetzt. Dafür beabsichtigen wir, jährlich mehrere hundert Tonnen Altreifen chemisch recyceln zu lassen und das dabei entstandene Kunststoffmaterial in unsere Neuwagen zurückzuführen. Gemeinsam mit unseren Partnern schließen wir so den Kreislauf und treiben die Entwicklung innovativer Recyclingverfahren aktiv voran.

Markus Schäfer
Mitglied des Vorstands der Mercedes-Benz Group AG. Chief Technology Officer, Entwicklung & Einkauf
Markus Schäfer, Vorstandsmitglied der Mercedes-Benz Group AG. Chief Technology Officer, Entwicklung & Einkauf.

Pyrolyse-Öl aus Altreifen

Für die Schließung des Wertstoffkreislaufs von Altreifen arbeitet Mercedes-Benz mit unterschiedlichen Partnern zusammen. Das Unternehmen setzt unter anderem auf das chemische Recycling von BASF. Aus den ausgedienten Autoreifen wird dafür bei der Pyrolysetechnologie-Firma Pyrum Innovations AG  zunächst ein Pyrolyse-Öl erzeugt. Dieses kombiniert BASF mit Biomethan aus Landwirtschaftsabfällen. Unter Einsatz der beiden Rohstoffe kann ein vollkommen neuwertiger Kunststoff entstehen. Der Kunststoff ist nach dem sogenannten „Massenbilanzverfahren “ zertifiziert: Eine unabhängige Zertifizierung bestätigt, dass der Partner die für das Endprodukt benötigten Mengen an fossilen Ressourcen durch nachwachsende Rohstoffe und Pyrolyse-Öl aus recycelten Altreifen ersetzt hat. Die Kombination von Pyrolyse-Öl aus Altreifen und Biomethan kommt im Rahmen der Zusammenarbeit von Mercedes-Benz und BASF erstmals zum Einsatz.

Die Verwertung der Sekundärmaterialien reduziert sowohl den Einsatz fossiler Ressourcen als auch den CO₂-Fußabdruck des Kunststoffs. Der innovative Recyclingkunststoff hat damit erstmals die gleichen Eigenschaften wie Neukunststoff, der aus fossilen Rohstoffen hergestellt wird. Damit lässt er sich auch als kurzfristige Drop-in-Lösung in der laufenden Serie einsetzen. Gleichzeitig erfüllt er die hohen Qualitätsanforderungen von Mercedes-Benz – insbesondere im Hinblick auf die Lackierfähigkeit und die Crashsicherheit. Mit diesen Eigenschaften bietet das Verfahren die Möglichkeit, eine Vielzahl von Bauteilen aus Primärkunststoff im Fahrzeug zu ersetzen.

Seit 2022 sind im EQE und der S-Klasse als erste Serienmodelle Bügeltürgriffe verfügbar, in deren Herstellung fossile Rohstoffe durch Biomethan und Pyrolyse-Öl aus recycelten Altreifen ersetzt wurden. Die S-Klasse hat zusätzlich einen Crash-Absorber auf Basis dieser Rohstoffkombination erhalten – ein Bauteil, das als Bestandteil des Vorderwagens für eine noch gleichmäßigere Kraftverteilung auf den Unfallgegner bei einem Frontalaufprall sorgt. Auch kommende, neue Modelle wie der EQE SUV und EQS SUV werden Bügeltürgriffe aus dem innovativen Kunststoff erhalten. Künftig soll der Einsatz des nachhaltigeren Recyclingmaterials sukzessive gesteigert und das chemische Recycling in Kombination mit dem Biomassenbilanzansatz auch für weitere Kunststoffbauteile im Fahrzeug verwendet werden. Entsprechende Einsatzmöglichkeiten werden zurzeit sondiert.

Innovatives Herstellungsverfahren

Im Gegensatz zum mechanischen Recycling eignet sich das chemische Recycling insbesondere für die Herstellung von Bauteilen, die hohen Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen unterliegen. Das chemische Recyclingverfahren bildet daher nicht nur eine sinnvolle Ergänzung zum mechanischen Recycling. Es ist ein entscheidender Schritt hin zu einer möglichst hohen, ökologisch und wirtschaftlich vorteilhaften Wiederverwertung von Altmaterial. Das Verfahren reduziert den Bedarf an fossilen Ressourcen und hat somit das Potenzial, die Produktion von hochwertigen Kunststoffen für unterschiedliche Einsatzzwecke vom Rohölbedarf zu entkoppeln.

Nachhaltigkeit bei Mercedes-Benz

Ein besonderes Augenmerk liegt beim Thema Nachhaltigkeit zudem auf dem schonenden Umgang mit Ressourcen. Mit dem Ansatz „Design for Environment“ berücksichtigt der Fahrzeughersteller den Ressourcenverbrauch bereits in der frühen Produktentwicklung. Gemeinsam mit seinen Partnern forscht Mercedes-Benz an nachhaltigeren Materialtechnologien und arbeitet intensiv daran, Stoffkreisläufe zu schließen. Kombiniert mit dem Biomassenbilanzansatz ist das chemische Recycling ein innovatives Verfahren, das diesem Ansatz Rechnung trägt. Denn die Ambition der Mercedes-Benz Group lautet: Bis 2039 soll die gesamte Mercedes-Benz Neufahrzeugflotte über alle Wertschöpfungsstufen und den gesamten Lebenszyklus bilanziell CO₂-neutral[1]Bilanziell CO₂-neutral bedeutet, dass nicht vermiedene oder reduzierte CO₂-Emissionen bei Mercedes-Benz durch zertifizierte Ausgleichsprojekte kompensiert werden.
werden.

Dieser Beitrag wurde zuletzt im November 2024 aktualisiert.

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