Hallo Christopher, du bist als Head of Strategy Intelligence & Development für die Beobachtung und Bewertung von Entwicklungen und Trends im Geschäftsumfeld von Mercedes-Benz zuständig. Wo siehst du derzeit die größten Umbrüche?
Die Trends sind sehr vielfältig. Für die Automobilindustrie spielen Elektrifizierung und nachhaltige Mobilität eine entscheidende Rolle: Wie schnell geht zum Beispiel der Wandel hin zu reiner Elektromobilität? Es gibt zudem viele Anwendertrends, die auf uns Einfluss haben: sei es der Klima- und Umweltschutz, der sich nicht nur auf den Antrieb, sondern zum Beispiel auch auf verbaute Materialien erstreckt, oder gesellschaftliche Themen wie die Frage nach der Mobilität von Morgen. Mobilität wird individuell bleiben, aber will ich künftig noch selbst fahren oder die Zeit lieber mit Unterhaltung oder Relaxen verbringen? Und wie kann mir das Fahrzeug oder andere Technologien dabei helfen? Auch die Anforderungen in den Märkten verändern sich. Das alles sind Beispiele für derzeit wesentliche Themen.
Was bedeuten diese Entwicklungen für die Unternehmensstrategie von Mercedes-Benz?
Uns beschäftigt neben Themen wie Elektromobilität und Fahrzeugsoftware auch die Intensivierung unserer Kundenbindung als eine Säule der Strategie. Findet diese heute nur über das reine Produkterlebnis Fahren statt und wie punkten wir darüber hinaus mit digitaler Performance, wie Infotainment und innovativen Bedien- und Anzeigenkonzepten?
Sprichst du dann mit deinem Team eine Empfehlung aus?
Jedes Teammitglied verantwortet ein bestimmtes Schwerpunktsegment auf unserem Strategie Trendradar, eines davon heißt Kunde & Gesellschaft. Zwei Kollegen sichten hier Signale aus Internetquellen, internen und externen Netzwerken, erfassen und bewerten sie nach Relevanz: Betrifft diese Entwicklung uns und falls ja, wie stark? Dann suchen wir den Kontakt zu den Verantwortlichen strategischer Initiativen und erörtern im Dialog, ob die vorhandenen Ideen und Maßnahmen für diese Entwicklung ausreichen oder ob wir sie nachschärfen sollten. Zu unserem Job gehört es, nicht nur Entwicklungen aufzuzeigen, sondern auch die Transferleistung: Was heißt das für uns, welche Handlungsoptionen haben wir und welche empfehlen wir? Die Empfehlung machen wir immer im Schulterschluss mit den jeweiligen Fachbereichen, denn als achtköpfiges Team können wir das im Detail nicht alles allein beurteilen.
Dir und deinem Team kommt eine wichtige Rolle im Unternehmen zu. Wie ist dein Team besetzt?
Ich bin überzeugt, dass Vielfalt und unterschiedliche Perspektiven uns besser machen – als Team und im gesamten Unternehmen. Auch bei uns im Bereich ist es wichtig, ein sehr diverses Umfeld zu haben, also nicht nur eine Alterskohorte, ein Geschlecht, eine Nationalität, sondern bewusst Kolleginnen und Kollegen mit unterschiedlichsten Stärken, Perspektiven und Hintergründen, die die Dinge verschieden angehen und bewerten. Im Team gibt es neben Wirtschaftsingenieur und Wirtschaftsinformatiker auch Wirtschaftssinologen und Politologen, Experten aus Marketing und Sales, Beratung, Controlling, IT – und das vom Berufseinsteiger bis zu mehr als 25 Jahren Berufserfahrung.
Wie spürt ihr Trends auf?
Durch Veröffentlichungen im Internet und in den sozialen Medien gewinnen wir bereits viele Einblicke: Das können Presseveröffentlichungen oder Fachblogs sein, aber auch Kurznachrichtendienstmeldungen von Influencern. Für Trends im Bereich Technologie bietet sich eine Recherche in Patentdatenbanken an. Aber auch Unternehmensveranstaltungen oder Investorenkonferenzen sind eine ergiebige Quelle, wenn Unternehmen ihre Strategie oder Produkte und Services erläutern. Hinzu kommen die Teilnahme an Fachkongressen und -events oder Expertenkreisen bis hin zu bilateralen Gesprächen mit Peers aus anderen Industrien. Als Peers bezeichne ich Kolleginnen und Kollegen mit einem ähnlichen fachlichen Aufgabenfeld oder Expertise, die im gegenseitigen Austausch voneinander lernen und neue Sichtweisen zu Prozessen, Methoden oder Entwicklungen einbringen. In dieser Kultur des kritischen Austauschs über Teamgrenzen hinweg kann man über sich hinaus wachsen im positiven Sinne.