Bei der aeroakustischen Entwicklung arbeitet Mercedes Benz stets zweigleisig: Zum einen sollen an der Quelle, also bei der Umströmung der Fahrzeugaußenhaut mit allen Anbauteilen, möglichst wenig Geräusche entstehen. Schon in der frühen Entwicklungsphase eines neuen Modells beginnt das Ingenieursteam daher, die dafür relevanten Geometriemaße zum Beispiel an den A-Säulen und den Außenspiegeln entsprechend auszulegen.
Die Vorauslegung erfolgt über eine Computational-Fluid-Dynamics (CFD)-Simulation, mit Detailsimulationen an den besonderes kritischen Fahrzeugbereichen sowie mit Hilfe eigener 1:1-Hartmodelle im Aero-Windkanal. In Kombination mit einem aus 350 Mikrofonen bestehenden Array lassen sich dort lokale Schallquellen an der Fahrzeugaußenhaut dreidimensional sichtbar machen. So können kleinste Details in wichtigen Bereichen frühzeitig entwickelt werden.
Zum anderen trägt die Güte der Abdichtung und der Schalldämmung entscheidend dazu bei, dass unvermeidliche Windgeräusche im Innenraum gar nicht mehr oder nicht als störend wahrnehmbar sind. Grundvoraussetzung für ein niedriges Windgeräuschniveau im Innenraum sind winddicht abschließende Tür- und Fensterdichtungen. Dies gilt besonders für Fahrzeuge mit rahmenlosen Seitenscheiben. Mit Kunstköpfen lassen sich gezielt kleinste Schwachstellen lokalisieren, die dann durch technische Lösungen bestmöglich eliminiert werden.
Manche Autozeitschriften nutzen für Tests ein Schalldruckpegel-Messgerät. Solche Messungen bilden die Realität aber nur unvollständig ab, denn das menschliche Gehör ist ein Meister der Lokalisation von Störgeräuschen. Mercedes Benz untersucht daher gezielt auch die psychoakustisch relevanten Auswirkungen und die Lokalisierbarkeit von Störgeräuschen. Auf Basis von Probandenversuchen haben die Experten des Unternehmens sogar einen eigenen Zielindex definiert. Seine gewichteten Messgrößen decken das gesamte Frequenzspektrum des menschlichen Hörens ab. So werden zum Beispiel folgende Größen und ihre Auswirkungen betrachtet:
• Lautheit [sone]: Abbildung des menschlichen Lautstärkeempfindens;
• Schärfe [acum]: Einordnung der Geräusche von stumpf bis scharf, höherfrequente Anteile beeinflussen die Schärfe maßgeblich;
• Artikulationsindex AI [%]: Sprachverständlichkeit, fokussiert im Besonderen den Bereich des besten menschlichen Hörens. Je höher der Wert ist, desto besser können Gespräche geführt und auch verstanden werden.
Die Messungen erfolgen in der Regel im Windkanal mit sogenannten binauralen Kunstköpfen. Dort sitzen die Mikrofone in nachgebildeten Gehörgängen, was gehörrichtige Aufnahmen erlaubt. Je nach untersuchtem Phänomen sitzen die Kunstköpfe auf der Fahrerposition oder nehmen auf den weiteren Sitzen im Fahrzeug Platz. Die Messergebnisse geben dann realitätsnah Aufschluss, wie laut oder leise, störend oder angenehm die Passagiere die Geräuschkulisse im Innenraum empfinden.