Aerodynamik bei Mercedes-Benz.

Aerodynamik bei Mercedes-Benz: Moderne Methoden

Fortschrittliche Messeinrichtungen und moderne Methoden.

19. September 2025 – Seit vielen Jahrzehnten optimieren die Fachleute von Mercedes Benz die aerodynamischen Eigenschaften neuer Fahrzeugmodelle. Fortschrittliche Messeinrichtungen und -methoden tragen dazu bei. Dazu gehört insbesondere der Aeroakustik-Windkanal in Sindelfingen.

Mit seiner sehr guten Strömungsqualität, dem sehr geringen Hintergrundgeräusch, der ausgeklügelten Fahrbahnsimulation sowie der hohen Effizienz hat der Aeroakustik-Windkanal bei seiner Inbetriebnahme 2013 Maßstäbe gesetzt. Nach wie vor ist die Anlage eine der weltweit leistungsfähigsten und leisesten derartigen Einrichtungen. Zudem bietet sie eine besonders hohe Simulationsgüte. Der Windkanal folgt der „Göttinger Bauart“, das heißt, die Luft wird nach der Messstrecke wieder zum Gebläse geleitet und erneut beschleunigt, was viel Energie spart. Das Gebläse hat einen Durchmesser von neun Metern und besitzt 18 Laufschaufeln, die die Luft in Bewegung setzen. Das maximale Drehmoment des elektrischen Antriebsmotors beträgt mit 202.150 Nm etwa das Tausendfache eines gut motorisierten Fahrzeugs. Bei einer Windgeschwindigkeit von 250 km/h beträgt die Leistungsaufnahme fünf Megawatt. Dann dreht sich das Gebläse mit 238 Umdrehungen pro Minute, der Volumenstrom erreicht dann 2.000 m³ oder circa drei Einfamilienhäuser pro Sekunde. Die maximale Windgeschwindigkeit beträgt 265 km/h.

Windkanal bei Mercedes-Benz.
Windkanal bei Mercedes-Benz.

Im Windkanal wird eine Lufttemperatur von 23 bis 24°C eingehalten. Um auch bei winterlichen Außentemperaturen exakt messen zu können, ist die Betonröhre des Kanals von einem Gebäude umgeben und somit isoliert. Bevor die vom Gebläse beschleunigte Luft über eine Düsenfläche von 28 m² in die Messstrecke gelangt, muss sie mit Gleichrichtern und Sieben gerichtet und geglättet werden, um störende Turbulenzen und Wirbel zu eliminieren. Für die Nutzung als Akustik-Kanal, in dem die Windgeräusche innen und außen am Versuchsfahrzeug gemessen werden, wurden umfangreiche Geräuschdämm-Maßnahmen integriert. Noch bei 140 km/h strömt die Luft daher flüsterleise durch die Messstrecke.

Messstrecke: fünf Laufbänder bis 265 km/h Schließen

Kernstück der 19 Meter langen Messstrecke des Windkanals ist das knapp 90 Tonnen schwere Laufband-Waage-System mit Drehscheibe. Der neue Windkanal besitzt ein Fünf-Band-System zur Simulation der Straße: Unter jedem Rad läuft ein kleines Laufband und zwischen den Rädern ein neun Meter langes und über ein Meter breites Mittenlaufband. Alle fünf Bänder laufen synchron mit dem Wind und stellen damit bis 265 km/h exakt die gleichen Bedingungen wie auf der Straße dar. Die 24 Tonnen schwere Waage, auf der die Fahrzeuge befestigt werden, ist äußerst sensibel und misst auf wenige Gramm genau. Selbst die Zuführungen der Kabel müssen so verlegt werden, dass sie keine störenden Kräfte in das System bringen. Die mit Hilfe der aerodynamischen Waage gemessenen Werte dienen als Grundlage zur Bestimmung der Beiwerte für Luftwiderstandskraft, Seitenkraft und Auftriebskraft pro Achse sowie von Nick-, Roll- und Giermoment.

Die Traversieranlage versetzt die Ingenieurinnen und Ingenieure in die Lage, verschiedene aerodynamische Sonden oder Mikrophone mit sehr hoher Genauigkeit um das Messobjekt zu platzieren, um so Druck-, Akustik- und Geschwindigkeitsmessungen exakt durchführen zu können. Die Anlage im Sindelfinger Windkanal verfügt über sieben Achsen und kann so ein Messvolumen von 19 x 14 x 5 Meter abdecken. Das Gewicht dieser Anlage beträgt 26 Tonnen, denn auch bei maximaler Windgeschwindigkeit müssen die Messsonden exakt und ohne Schwingungen an ihrer Position gehalten werden.

Kernstück der Messstrecke des Windkanals ist das etwa 90 Tonnen schwere Fünf-Band-System, das Straßengegebenheiten perfekt nachbildet. Durch die integrierte Drehscheibe mit einem Durchmesser von zwölf Metern können die zu messenden Fahrzeuge in einem beliebigen Winkel gedreht und zum Beispiel Seitenwind realitätsgerecht simuliert werden.

Von 1943 bis heute: der „Große Windkanal“ in Untertürkheim Schließen

Der „Große Windkanal“ der damaligen Daimler AG im Stammwerk Stuttgart-Untertürkheim war der weltweit erste, der speziell zur Untersuchung der aerodynamischen Eigenschaften von Kraftfahrzeugen konzipiert wurde. Die Bauarbeiten begannen 1939, voran getrieben vom legendären Aerodynamik-Pionier Wunibald Kamm. Am 5. Februar 1943 fand die erste dokumentierte Messung statt. Kriegsbedingt dauerte es allerdings noch bis 1954, bis der Windkanal als erster weltweit regelmäßig für Messungen an originalgroßen Pkw eingesetzt werden konnte.

Immer wieder auf den neuesten technischen Stand gebracht, ist der Windkanal in Untertürkheim für die Mercedes Benz Entwicklung weiterhin unverzichtbar, vor allem für Verschmutzungsuntersuchungen und Scheibenwischertests. Ob die Tarnung von Erprobungsfahrzeugen hochgeschwindigkeitsfest ist, testen die Aerodynamikerinnen und Aerodynamiker ebenfalls nach wie vor dort. Und der „Große Windkanal“ heißt nicht nur so: Viele Nutzfahrzeuge von Mercedes Benz bekommen dort ebenso ihren Feinschliff.

Neben der aerodynamischen Arbeit an Fahrzeugen wird der Windkanal bisweilen auch für artfremde Versuche genutzt: Ob das Fernsehen hier Filmsequenzen für einen Bericht über Hurrikane dreht, Schlitten für den Bobsport optimiert werden oder Eischnellläufer ihre Haltung verbessern – wer mit oder gegen den Wind kämpft, findet in Untertürkheim einen Verbündeten. Zu den ganz besonderen Herausforderungen zählte auch die aerodynamische Untersuchung des revolutionären Zeltdachs des Münchner Olympiastadions.

Von tropisch bis arktisch: das Wetter in den Klima-Windkanälen Schließen

Mercedes Benz hat in Sindelfingen zudem zwei Klima-Windkanäle in Betrieb, die Wetterereignisse nach drinnen verlegen. Die Klima-Windkanäle erlauben es den Ingenieurinnen und Ingenieuren, neu entwickelte Fahrzeuge oder Komponenten bereits frühzeitig für alle Wetterbedingungen zu optimieren. Zur anschließenden realen Erprobung auf Straßen in arktischer Kälte und glühender Wüstenhitze starten deshalb inzwischen nur noch Prototypen, die unter widrigsten Klimaeinflüssen bereits einen großen Reifegrad bewiesen haben.

Einer der beiden Klima-Windkanäle ist als Kaltkanal mit einem Temperaturbereich von minus 40 bis plus 40 Grad Celsius konzipiert. Im Warmkanal steht ein Temperaturbereich von minus 10 bis plus 60 Grad Celsius zur Wahl. Beide Kanäle haben einen zweiachsigen Rollenprüfstand integriert und erlauben Geschwindigkeiten bis zu 265 km/h – genug Reserven, um selbst Sportwagen auf den Prüfstand zu nehmen.

Moderne Messtechnik gegen Windgeräusche und Zugwind Schließen

Bei der Geräuschmessung im Akustik-Windkanal hilft ein spezielles Mikrofon-Array. Die umfangreichen Messungen im Innenraum werden auch als „akustische Holographie“ bezeichnet. Mercedes Benz setzt dabei 64 Doppel-Mikrofone (Hand-Array) ein, die Problemstellen im Bereich tiefer Frequenzen orten können. Inklusive der Geräte für die Messungen außen werden insgesamt fast 500 Mikrofone verwendet.

Bei der aerodynamischen und aeroakustischen Entwicklung kommen Strömungsmesspuppen, Kunstköpfe und Nahfeld-Mikrofone zum Einsatz. „Tanja“ ist eine solche Messpuppe: Mit ihr analysiert Mercedes Benz in Cabrios und Roadstern die Zugluft. Über ein Dutzend Sensoren an Kopf, Hals und Armen messen die Strömungsgeschwindigkeiten des Fahrtwindes im Innenraum. „Tanja“ nimmt dabei reihum Platz. Auf den Vordersitzen fungiert sie als sogenannter 75-Prozent-Mann, hinten als 50 Prozent-Mann. Vorne wird die Versuchspuppe so platziert, dass sie größer ist als 75 Prozent aller Männer. Hinten entspricht ihre Sitzposition wiederum der eines durchschnittlichen Mannes.

Aerodynamik bei Mercedes-Benz.

Aerodynamik bei Mercedes-Benz.

Eine aerodynamische Optimierung bietet vielfältige Vorteile im Fahralltag: mehr Reichweite, mehr Komfort und mehr Sicherheit. Bei uns haben aerodynamische Bestwerte und moderne Messeinrichtungen eine lange Tradition.