Katrin Lehmann, Chief Information Officer (CIO) von Mercedes-Benz.
Interview

„Initiative Kehrwoche“ - Wie CIO Katrin Lehmann die Mercedes-IT auf Kurs bringt.

24. März 2024 – Im April ist Katrin Lehmann ein Jahr lang CIO von Mercedes-Benz. Im Interview spricht sie über die Rolle der IT im Konzern und wie viel sie und ihre Teams zum Sparkurs beitragen.

Das Interview mit CIO Katrin Lehmann erschien zuerst auf Automobilwoche  und wurde uns mit freundlicher Genehmigung der Redaktion zur Verfügung gestellt.

Frau Lehmann, Sie haben Ihren CIO-Job vor einem Jahr mit vielen Baustellen übernommen. Wie haben Sie sich vorbereitet?

Katrin Lehmann: Ich habe vor meinem CIO-Job ein Jahr lang die Sales-IT von Mercedes-Benz geleitet und die Tech Hubs verantwortet. Und in der Zeit habe ich schon gesehen, was meiner Meinung nach veränderungswürdig ist. Ich habe viel mit den Teams gesprochen und aus diesen Gesprächen meine Fünf-Säulen-Strategie entwickelt.

Was besagen diese fünf Säulen?

Katrin Lehmann: Der erste Punkt ist „Rock Solid Operations“. Das heißt, unsere IT stellt sicher, dass alle Systeme stabil laufen. Ohne dies als Grundlage können wir nicht erfolgreich arbeiten. Der zweite Punkt ist „Radical Standardisation“. Aus historischen Gründen haben wir wahnsinnig viele Systeme, die teilweise veraltet sind und die wir jetzt aus der IT-Landschaft herausnehmen. Der dritte Punkt lautet „Tech Frontrunner“ – wir wollen vorne sein bei neuen Tech-Themen wie KI oder Digital Twins. Wir wollen sie mitbestimmen und formen. Punkt vier: „End-to-End Acceleration“ – wie arbeiten wir intern mit den anderen Business-Bereichen zusammen und wie sauber laufen die Prozesse ab? Und schließlich Punkt fünf „Best Team“. Denn wir brauchen die besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und eine starke Teamdynamik, um erfolgreich zu sein.

Wir brauchen die besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und eine starke Teamdynamik, um erfolgreich zu sein.

Katrin Lehmann
Chief Information Officer Mercedes-Benz

Lassen Sie uns über den Punkt „radikale Standardisierung“ sprechen. Wie viele IT-Systeme haben Sie schon rausgenommen?

Katrin Lehmann: Hier gehen wir sehr radikal vor. Wir waren bei konzernweit rund 9000 Applikationen. Jetzt sind es deutlich weniger. Jedes System weniger heißt weniger Komplexität, weniger Integrationspunkte und weniger Kosten. Das wird Harald Wilhelm, den Mercedes-CFO, freuen. Wir haben natürlich ganz klare KPIs, die wir uns regelmäßig anschauen und an denen mein Team und ich gemessen werden.

Können sich die Mitarbeiter gut von Programmen trennen?

Katrin Lehmann: Wir mussten ordentlich in die Kommunikation gehen. „Initiative Kehrwoche“ habe ich das genannt. Natürlich könnte man zahlreiche Applikationen, von denen wir uns trennen wollen, einfach so abschalten. Man kann es aber auch charmant machen.

Und wie?

Katrin Lehmann: Wir haben kleine Challenges ausgerufen. Das Team, das seine Daten am ehesten sauber hat, gewinnt einen kleinen goldenen Kehrbesen und ein Teamfrühstück. Außerdem feiern wir Sundowner-Partys. Jedes Team, das ein System in der IT-Architektur abschaltet, bekommt Getränke für einen Abend. Diese Kulturinitiativen braucht es, um die Motivation zu erhöhen, sich von Dingen zu trennen, um die man sich lange gekümmert hat.

Das Sparprogramm ist also allgegenwärtig. Wo sind weitere Hebel? Und können Sie beziffern, wie viel Sie einsparen müssen?

Katrin Lehmann: Beziffern werde ich nichts. Aber natürlich schaut man auf die IT und stellt die berechtigte Frage: Geht das noch effizienter?

Und? Tut es das?

Katrin Lehmann: Da sind wir wieder bei meiner Strategie und den fünf Säulen. Denn je weniger Systeme und je mehr Standards wir haben, desto weniger Betriebskosten haben wir. Je weniger Downtimes wir in den Systemen haben, desto weniger Kosten haben wir on top, um die Systeme wieder ans Laufen zu bringen. Und je mehr GenAI wir nutzen, desto mehr Prozesse können wir optimieren und effizienter gestalten. Je enger wir mit den anderen Geschäftsbereichen zusammenarbeiten und je weniger Reibung wir haben, desto weniger wirkt sich das auf die Kosten aus. Und zuletzt: Wenn wir unsere Leute gut ausbilden und 100 Prozent der Arbeitskraft sinnvoll nutzen, zahlt das auf den Gewinn ein. Von daher: Alle fünf Säulen sind auf die Unternehmensziele ausgerichtet. Darauf werde ich getrackt, und das ist auch fair.

Sprechen wir über KI. Ist der Hype verständlich?

Katrin Lehmann: KI ist eines meiner Hauptthemen. Aber KI funktioniert nur, wenn man auch eine gute Datenbasis hat. Denn selbst die beste KI liefert falsche Ergebnisse, wenn sie mit veralteten und falschen Daten trainiert wurde.

KI und GenAI sollen künftig nicht nur Arbeitnehmer unterstützen, sondern auch Arbeitsplätze ersetzen. Auch bei Ihnen?

Katrin Lehmann: Aus meiner Sicht ist GenAI Teil der Lösung und nicht Teil des Problems. Die Lösung muss sein, dass wir so effizient, so digital und so integriert wie möglich arbeiten.

Die Lösung muss sein, dass wir so effizient, so digital und so integriert wie möglich arbeiten.

Katrin Lehmann
Chief Information Officer Mercedes-Benz
Katrin Lehmann, Chief Information Officer (CIO) von Mercedes-Benz.
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Künstliche Intelligenz ist ein zentrales Zukunftsthema für Mercedes-Benz.

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