02. Oktober 2024 – Katrin Lehmann, seit April 2024 neue Chief Information Officer (CIO) von Mercedes-Benz, treibt den großen Kehraus in Sachen Daten- und Prozesslandschaft voran. Wieso dafür radikale Standardisierung und ein neues Selbstverständnis der IT notwendiger denn je sind, erklärt sie im Interview.
Das Interview mit CIO Katrin Lehmann erschien zuerst auf automotiveIT
Frau Lehmann, Sie sind vor nicht einmal einem Jahr zu Mercedes-Benz gekommen und jetzt bereits Chefin der Konzern-IT. Wie überraschend kam diese Beförderung für Sie?
Katrin Lehmann: Es ist eine große Ehre in der spannendsten Zeit für IT überhaupt. Diese tolle und herausfordernde Aufgabe gibt mir die Möglichkeit, viel zu gestalten. Was mir dabei besonders gefällt, ist die Dynamik und das Engagement in meinem Team. Ich arbeite mit hochprofessionellen Kolleginnen und Kollegen zusammen, die ihre Expertise einbringen und gleichzeitig offen für neue Ansätze sind. Das spiegelt auch den Spirit wider, den wir hier bei Mercedes-Benz haben. Man merkt, dass hier die Erfinder des Automobils arbeiten – es herrscht eine große Neugier und der Wille, ständig Neues zu schaffen und neue Wege zu gehen.
Kehrwoche: Gerümpel raus, Geschwindigkeit rein
Sie hatten nach Ihrem Wechsel zu Mercedes bereits Gelegenheit, die IT in Vertrieb und Marketing sowie einige Softwarehubs kennenzulernen. Nun tragen Sie die Gesamtverantwortung für die IT und haben einen umfänglichen Einblick. Wie haben Sie die IT-Organisation vorgefunden und wo liegen aktuell die größten Herausforderungen?
Katrin Lehmann: Wir werden auch künftig nur die begehrenswertesten Autos bauen können, wenn wir die beste IT haben. Dieses Ziel, dieser Anspruch steht über allem! Mercedes-Benz ist bekanntermaßen kein Startup, das Unternehmen hat eine lange Historie und ist über Jahrzehnte gewachsen. Das bringt natürlich gewisse Aufgaben mit sich, zum Beispiel die Notwendigkeit, ältere Strukturen und Systeme zu überarbeiten und zu modernisieren. Vor allem setzen wir bei dem Thema Datenintegration an. Viele Daten müssen noch tiefer integriert werden, um die Effizienz und die Innovationsfähigkeit zu stärken. Um das zu verbessern, habe ich eine Initiative namens „Kehrwoche“ ins Leben gerufen, bei der Teams ermutigt werden, ihre Systeme und Prozesse zu überprüfen und unnötige Komplexität zu beseitigen. Gerümpel raus, Geschwindigkeit rein. Wir haben sogar einen goldenen Kehrbesen als Award eingeführt, um das Ganze spielerischer zu gestalten und die Teams zu motivieren (lacht). Es geht darum, eine saubere Basis zu schaffen, auf der wir dann neue Innovationen aufbauen können. Ohne eine solide Grundlage sind selbst die besten Innovationen nicht effektiv.
Können Sie uns ein konkretes Beispiel nennen, wo diese „Kehrwoche“ besonders notwendig war?
Katrin Lehmann: Ein großes Thema ist der Umgang mit Daten. Wenn man nicht kontinuierlich an der Datenqualität arbeitet und eine einheitliche Semantik etabliert, kann das leicht zu Herausforderungen führen. In unseren Gremien verwenden wir beispielsweise nur Echtzeitdaten. Das bringt die Teams dazu, Ordnung zu halten. Dieser Ansatz hilft, eine Kultur der Genauigkeit und Verantwortung zu schaffen. Auch kleine Wettbewerbe zwischen den Teams, wie eine Art „Bundesliga-Tabelle“ für aufgeräumte Daten, fördern den Anreiz, die Datenqualität kontinuierlich zu verbessern.