Hanna Paul: Nicht bei Mercedes-Benz. Wir verwenden seit über 20 Jahren einen weiblichen Frontalaufprall-Dummy und einen weiblichen Seitenaufprall-Dummy bei unseren Crashtests. Dummys sind aber keine menschlichen Puppen. Sie sind Messinstrumente, die physikalische Kräfte und Wege messen. Gewicht und Größe der Dummy-Geschlechter werden von realen menschlichen Daten abgeleitet. Dabei ist der weibliche Dummy, abgestimmt auf die weibliche Anatomie, skaliert. Doch – und das ist entscheidend – die Kräfte, die bei Crashtests auf die Dummys wirken, werden in Verletzungsrisiken umgerechnet. Die Kalkulation dieser Risiken basiert auf den Verletzungsdaten von Männern und Frauen. Die gängigen Grenzwerte bei den weiblichen Dummys sind für dasselbe Verletzungsrisiko niedriger als bei den männlichen. Daher bilden die Dummys das Verletzungsrisiko von Männern und Frauen nach ihren jeweiligen anatomischen Gegebenheiten sehr gut ab. Das bedeutet: Größe und Gewicht der von Mercedes-Benz eingesetzten Dummy-Typen sind geschlechtsspezifisch.
Der Fünf-Prozent-Dummy³ hat zwar die Anatomie einer Frau, repräsentiert aber bezüglich der Verletzungsrisiken die Gruppe der kleinen Menschen – egal ob Frau oder Mann. In anderen Worten: Die Verletzungsrisiken sind menschlich – nicht männlich oder weiblich. Ähnliches gilt daher für die anderen Dummys: Der 50-Prozent-Mann⁴ ahmt zwar die Anatomie eines Mannes nach, repräsentiert aber genauso die Verletzungsrisiken einer durchschnittlichen Frau. Aktuell forscht die NHTSA daran, inwiefern Verletzungsrisiken vom Geschlecht abhängen. Die ersten veröffentlichten Ergebnisse bestätigen unsere Erkenntnisse, dass das Geschlecht nicht die wichtigste Einflussgröße auf die Verletzungshäufigkeit darstellt. Die heute genutzten Dummys sind demnach wirksame Messmittel für die Entwicklung von Sicherheitssystemen.