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Datenanalyse mit Künstlicher Intelligenz

Von digitaler Transformation und Kulturwandel.

In nahezu jedem Bereich unseres Lebens entstehen jeden Tag immense Mengen an Informationen und Daten. Dr. Vincent Dekker weiß, welches Potenzial in der Analyse dieser Datenströme steckt und wie sich dieser Datenschatz mit Hilfe von innovativen Technologien wie Künstlicher Intelligenz (KI) nutzen lässt. Im Team für Datenanalyse und KI Powertrain entwickelt er gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen datenbasierte Lösungen, um Produktionsprozesse weiter zu verbessern und die Fahrzeuge und Services von Mercedes-Benz noch besser zu machen. Warum die digitale Transformation eine riesige Chance ist und wie wichtig eine Kultur der datenbasierten Entscheidungen für Unternehmen sein kann, erzählt uns der Statistik-Experte im Interview.

Herr Dr. Dekker, mit Ihrem Team erarbeiten Sie Lösungen, um große Datenmengen nutzbar zu machen. Was reizt Sie an dem Thema?

Wirklich vieles, denn die digitale Transformation bietet uns ganz neue technologische Möglichkeiten. Das ist eine riesige Chance und zugleich auch eine große Herausforderung für uns als Gesellschaft und natürlich auch für Unternehmen. Daten spielen dabei eine zentrale Rolle. Damit wir bei Mercedes-Benz auch morgen die Zukunft der Mobilität mitgestalten können, müssen wir heute die Weichen dafür stellen und Strukturen schaffen, um die Daten, die es in jedem Bereich gibt, zu nutzen. Gleichzeitig ist es wichtig, im gesamten Unternehmen eine Kultur der datenbasierten Entscheidungen zu fördern. Diesen Prozess selbst mit voranzutreiben, finde ich sehr spannend.

Was verstehen Sie unter einer Kultur datenbasierter Entscheidungen?

Bei Mercedes-Benz werden jeden Tag tausende Entscheidungen getroffen. Gerade für wichtige wirtschaftliche und strategische Themen kommen dafür Datenanalysen, Marktstudien und vieles mehr zum Tragen. Bei einigen Entscheidungen im Tagesgeschäft ist oft auch das Bauchgefühl beteiligt. Das ist gut so und wird sicher auch in Zukunft wichtig sein. Oft können uns Tools mit Künstlicher Intelligenz (KI) aber dabei unterstützen, bessere Entscheidungen zu treffen, oder uns diese sogar abnehmen. Wir müssen nur das Potenzial der vorhandenen Daten nutzen

Und dafür ist ein kultureller Wandel notwendig?

Ja. Es ist gut, wenn die Kolleginnen und Kollegen in allen Bereichen ein Gespür dafür entwickeln, was möglich ist, wenn wir die Daten nutzen, die uns umgeben. Und natürlich gehört dazu auch, offen für den Einsatz dieser neuen Technologien zu sein. Also das „Können“ auf der einen Seite und das „Wollen“ auf der anderen Seite. Um diesen Wandel voranzutreiben, haben wir in unserem Team einen Trainer, der Führungskräfte, wie etwa die Produktionsleitung in unseren Werken, sensibilisiert und auch Schulungsmöglichkeiten anstößt. Es gibt unzählige Einsatzmöglichkeiten für Data Analytics und KI von der Produktion bis zum Service. Wichtig ist, die Scheu vor der „Künstlichen Intelligenz“ abzulegen und gleichzeitig natürlich verantwortungsvoll damit umzugehen. Viele Datenprojekte lassen sich ganz einfach realisieren. Dafür möchten wir unseren Kolleginnen und Kollegen das notwendige Know-how an die Hand geben. Und bei größeren Projekten unterstützen wir sie wie eine Art interner Dienstleister.

Damit die digitale Transformation gelingt, müssen wir im gesamten Unternehmen eine Kultur der datenbasierten Entscheidungen leben. Diesen Prozess voranzutreiben, finde ich spannend.
„Es gibt unzählige Einsatzmöglichkeiten für Data Analytics und KI von der Produktion bis zum Service.“
„Es gibt unzählige Einsatzmöglichkeiten für Data Analytics und KI von der Produktion bis zum Service.“

Haben Sie ein Beispiel für so ein Projekt?

Mein persönliches Lieblingsprojekt, an dem wir gerade arbeiten, setzt beim Qualitätsmanagement an: Zu jedem einzelnen Teil, das in unseren Fahrzeugen verbaut ist, halten wir nicht zuletzt aus gesetzlichen Gründen Produktionsdatensätze vor und zwar über die komplette Lebensdauer des Fahrzeugs. Mit diesen Daten können wir einen Mehrwert für uns und unsere Kundschaft schaffen.

Und wie genau schaffen Sie diesen Mehrwert?

Bei unserem Projekt strukturieren wir die Daten über Algorithmen so um, dass sie beispielsweise tiefergehende Fehleranalysen ermöglichen. Wir können dann etwa die Produktionsdaten der vergangenen Wochen vergleichen und mit intelligenten Analysetools Muster erkennen. Ein einfaches Beispiel wäre: Es gab bei der Qualitätskontrolle Beanstandungen für ein bestimmtes Bauteil. All diese Komponenten sind dabei über Maschine X im Werk Y gelaufen. Mit dieser Information können die Kollegen und Kolleginnen in der Produktion viel effizienter nach der Fehlerquelle suchen und sie beheben. So machen wir mit unserem Team Verbesserungspotenziale in einer Tiefe sichtbar, wie es bisher nicht möglich war.

„Daten schaffen einen Mehrwert für uns und unsere Kundschaft. Mit unseren Analysen machen wir Verbesserungspotenziale in einer Tiefe sichtbar, wie es bisher nicht möglich war.“
„Daten schaffen einen Mehrwert für uns und unsere Kundschaft. Mit unseren Analysen machen wir Verbesserungspotenziale in einer Tiefe sichtbar, wie es bisher nicht möglich war.“

Wie ist Ihr Team zusammengesetzt?

Insgesamt sind wir sieben Kolleginnen und Kollegen: Unsere Teamleiterin hat Maschinenbau studiert und in der Vergangenheit bereits an Digitalisierungsprojekten mitgearbeitet. Zwei weitere Kollegen sind für Datenanalyse und -visualisierung zuständig. Unser Data Engineer hat ebenfalls einen technischen Hintergrund und ist der Experte, wenn es darum geht, Daten aus Produktionsanlagen zu holen. Und unser Trainer für den kulturellen Wandel ist seit mehr als 30 Jahren im Unternehmen, er bringt viel Erfahrung aus der Produktion mit. In der technischen Projektleitung bin ich für die Koordination der analytischen Themen zuständig. Dabei arbeite ich sehr eng mit unserem Doktoranden zusammen. Er forscht zu erklärbarer KI und ist ein absoluter Profi auf seinem Gebiet. Unser Team ist ein gutes Beispiel für digitale Transformation, da sich die meisten Kolleginnen und Kollegen „on-the-job“ in das Thema eingearbeitet haben.

Wie war Ihr persönlicher Weg zum KI-Experten und zu Mercedes-Benz?

Der ist speziell, denn ursprünglich habe ich Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Volkswirtschaftslehre studiert. Nach meinem Master war ich Doktorand an der Universität Hohenheim und habe ich mich unter anderem mit statistischen Verfahren beschäftigt, um die Auswirkungen der Steuerpolitik auf das Konsumverhalten zu messen. 2017 habe ich meine Dissertation abgeschlossen und war anschließend weiter an der Uni als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Dann bin ich auf eine offene Stelle hier im Unternehmen aufmerksam gemacht worden. Ich habe mir die Aufgaben näher angeschaut und war erst einmal überrascht, dass mein wirtschaftlicher bzw. Statistik-Hintergrund auch im Bereich der Produktionstechnologie gesucht und gebraucht wird.

Sie sind also als Quereinsteiger im Produktionsumfeld gestartet. Wie waren die ersten Wochen für Sie?

Sehr gut, das hat sicher auch daran gelegen, dass mich die Themen reizen: Künstliche Intelligenz und Data Analytics sind ja Schlüsselfelder, die bereits heute die Industrie wesentlich mitprägen. Was mir gerade am Anfang sehr geholfen hat ist, dass wir in unserem Team eine ausgeprägte Dynamik haben und uns gegenseitig unterstützen. Wenn ich Fragen zu produktionsspezifischen Themen habe, stehen mir die Kolleginnen und Kollegen immer zur Seite. Umgekehrt bringe ich meine Expertise zur Statistik ein. Unsere Mischung aus unterschiedlichen Disziplinen ist für Data Analytics und KI sehr hilfreich. Der Bereich ist noch so jung, dass wir fast jeden Tag Neues ausprobieren und vor dem Whiteboard Lösungen diskutieren. Bei Mercedes-Benz haben wir die Möglichkeit, diesen Bereich aufs nächste Level zu bringen.

Das dynamische Team rund um Datenanalyse und KI Powertrain entwickelt datenbasierte Lösungen und bringt Produktionstechnologie und aufs nächste Level.
Das dynamische Team rund um Datenanalyse und KI Powertrain entwickelt datenbasierte Lösungen und bringt Produktionstechnologie und aufs nächste Level.

Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Wenn Zeitreisen möglich wären, wohin würden Sie gerne reisen?

Ich würde in die 1970er Jahre reisen. Live bei den legendären Konzerten von Pink Floyd, Led Zeppelin oder Queen dabei sein, das wäre einfach der Wahnsinn. Diese Art von handwerklich gut gemachter Musik, in der Instrumente die Hauptrolle spielen, das liebe ich. Ich spiele auch selbst Gitarre, vielleicht liegt es daran (lacht).

Dr. Vincent Dekker (30) entdeckt Mathematik schon früh als Spielwiese für sich. Während seine Eltern gespannt die Formel-1-Rennen im Fernsehen verfolgen, vergleicht der Jugendliche die Rundenzeiten und überlegt, wie auf Datenbasis die perfekte Boxen-Stopp-Strategie aussehen könnte. Geboren im niederländischen Alkmaar entscheidet sich der Zahlenfan für ein Studium in Deutschland und absolviert zunächst seinen Bachelor in Wirtschafts¬wissenschaften gefolgt von seinem Master in Economics an der Hochschule Hohenheim. Nach seinem Studium bleibt er als Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule, bis er 2019 im Team für Datenanalyse und KI Powertrain bei der damaligen Daimler AG startet. Wenn Dr. Vincent Dekker heute nicht gerade Möglichkeiten findet, um das volle Potenzial der Datenströme in der Group zu nutzen, engagiert er sich gerne als Jugendwart in seinem Tennisverein oder lebt seine Leidenschaft fürs Kochen aus. „Wenn das mit den Daten nichts wird, mache ich ein Restaurant auf“, scherzt er.
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