Autonomes Fahren rechtlicher Rahmen.

Rechtlicher Rahmen

Automatisiertes und autonomes Fahren.

Automatisiertes und autonomes Fahren ist ein wichtiger Baustein für die Mobilität der Zukunft. Ein Blick auf die neue S-Klasse zeigt: heutige Fahrzeuge können den Fahrer schon in vielen Situationen entlasten und der technische Fortschritt entwickelt sich rasant. Dennoch sind auf dem Weg zum autonomen Fahren noch Fragen offen – darunter auch solche zu den rechtlichen Rahmenbedingungen.

Automatisiert oder autonom – mit diesen Begriffen unterscheidet man zwei Entwicklungsstufen beim selbstfahrenden Auto. Die heutigen Assistenz- und teilautomatisierten Systeme unterstützen den Fahrer, aber sie ersetzen ihn nicht. Dazu gehören beispielsweise der Stop&Go Pilot oder der Aktive Spurwechsel-Assistent. Autonome Systeme gehen in zukünftigen Autos einen Schritt weiter: Der Fahrer wird zum reinen Passagier. Der Unterschied zwischen automatisiertem und autonomem Fahren ist auch juristisch von Bedeutung.

Die Situation in Deutschland: Ethikkommission und gesetzliche Regelungen

Renata Jungo Brüngger, Vorstandsmitglied Daimler AG, Integrität und Recht
Renata Jungo Brüngger, Vorstandsmitglied Daimler AG, Integrität und Recht

Der deutsche Gesetzgeber ist beim automatisierten Fahren aktiv geworden: Am 21. Juni 2017 sind neue Regeln zum automatisierten Fahren in Kraft getreten. „Deutschland hat damit als erstes Land das automatisierte Fahren in einem einheitlichen Rahmen geregelt. Das begrüßen wir sehr“, sagt Renata Jungo Brüngger, Vorstandsmitglied Mercedes-Benz AG, Integrität und Recht. Das Gesetz schafft die Voraussetzungen für hoch- und vollautomatisierte Systeme. Anders als bei teilautomatisierten Systemen, die den Fahrer lediglich unterstützen, übernehmen solche Systeme die Fahrzeugsteuerung komplett. Der Fahrer muss aber übernahmebereit bleiben. Das neue Gesetz regelt allerdings nicht das autonome Fahren, bei dem es nur noch Passagiere gibt. Dafür besteht auf internationaler Ebene noch Handlungsbedarf.

Neue Technologien bedeuten auch neue rechtliche Fragen, das ist auch beim automatisierten und autonomen Fahren der Fall. In Deutschland hat die Politik darauf reagiert: Die Bundesregierung hat 2016 eine Ethikkommission eingesetzt, die sich mit rechtlichen und ethischen Fragen beim autonomen Fahren auseinandergesetzt hat. Das Gremium bestand aus 14 Wissenschaftlern und Experten, darunter auch Renata Jungo Brüngger. Im Juni 2017 verabschiedete die Ethik-Kommission einen Abschlussbericht mit insgesamt 20 ethischen Regeln. So wurde hier unter anderem festgehalten, dass der Schutz des Menschen immer Vorrang hat. Auch beim Thema Datenschutz hat die Ethikkommission zu Recht hohe Anforderungen gestellt. Diese fließen bereits heute in die Entwicklung von Mercedes-Benz automatisierten und autonomen Systemen ein. Dabei gelten drei klare Prinzipien: Transparenz, Selbstbestimmung und Datensicherheit.

Internationaler Rechtsrahmen: Fahrer derzeit noch vorgeschrieben

Eine weitere Herausforderung sind die unterschiedlichen nationalen Bestimmungen. Deshalb setzt sich Mercedes-Benz für einen international harmonisierten Rechtsrahmen zum automatisierten und autonomen Fahren ein. „Fortschritt darf nicht an nationalen Grenzen Halt machen. Die Gesetzgebung muss mit der technischen Entwicklung Schritt halten, sonst können wichtige Innovationen beim automatisierten und autonomen Fahren nicht auf die Straße kommen“, so Renata Jungo Brüngger. „Rechtssicherheit ist eine Voraussetzung für die Akzeptanz des autonomen Fahrens in der Gesellschaft. Daher brauchen wir zügig eine weitergehende internationale Harmonisierung des Rechtsrahmens.“ Momentan gibt es z.B. in den einzelnen US-Bundesstaaten und auch in den EU-Mitgliedsländern unterschiedliche Bestimmungen.

Auf internationaler Ebene gibt es mehrere Abkommen, die den Rechtsrahmen für die nationalen Straßenverkehrsgesetze vorgeben. Eines der wichtigsten ist das Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr von 1968. Automatisierte Systeme waren 1968 noch nicht bekannt und wurden dementsprechend auch nicht geregelt. Die Bestimmungen gingen damals von einer Fahrzeugsteuerung durch den menschlichen Fahrer aus. Nach der letzten Änderung im März 2016 sind automatisierte Systeme erlaubt. Autonomes Fahren ist allerdings noch nicht möglich, denn das Übereinkommen sieht nach wie vor einen Fahrer vor.

Zudem müssen die Regelungen für die Zulassung von automatisierten Fahrzeugen auf internationaler Ebene angepasst werden.

Haftung: Ausgewogene Risikoverteilung

Ein anderer Aspekt beim automatisierten und autonomen Fahren ist die Haftungsfrage bei einem Unfall.

In Deutschland und einigen anderen Ländern ist die Rechtslage klar, denn es gibt ein Drei-Säulen-Modell aus Fahrer-, Halter- und Herstellerhaftung. Der Fahrer ist für die Fahraufgabe verantwortlich und muss beispielsweise bei teilautomatisierten Fahrfunktionen das Fahrzeug stets überwachen und im Ernstfall eingreifen. Kommt er seinen Sorgfaltspflichten nicht nach und verursacht dadurch einen Unfall, haftet er neben dem Halter für den dadurch eingetretenen Schaden. Daneben kann der Hersteller im Rahmen der Produkt- und Produzentenhaftung für Schäden haften, die durch einen Produktfehler hervorgerufen wurden.

Diese Kombination aus Fahrer-, Halter- und Herstellerhaftung bietet eine ausgewogene Risikoverteilung, stellt den Opferschutz sicher und hat sich in der Praxis bewährt. Das Haftungsmodell ist eine gute Basis auch für neue Systeme und die nächsten Schritte des automatisierten Fahrens. Das autonome Fahren hat das Potenzial, die Verkehrssicherheit und den Verkehrsfluss weiter zu verbessern, und kann damit langfristig zu einem Rückgang der Schadens- und Haftungsfälle insgesamt führen.

Gesellschaftlicher Dialog auch in Zukunft wichtig

Zusätzlich zu den beschriebenen Herausforderungen ist die Akzeptanz in der Gesellschaft eine Voraussetzung für den Durchbruch der Zukunftstechnologie. „Einige Fragen rund um das autonome Fahren, darunter auch ethische Aspekte, können die Automobilhersteller nicht allein beantworten. Sie müssen in einem breiten Diskurs besprochen werden“, sagt Renata Jungo Brüngger. Mercedes-Benz hat diesen Dialog angestoßen und fördert ihn mit vielfältigen Maßnahmen. So veranstaltete Daimler im Oktober 2017 seine zweite Fachtagung zu Ethik und Recht beim Autonomen Fahren. Außerdem wird der Austausch von Wirtschaftsvertretern mit NGOs, Politikern und Wissenschaftlern beim Nachhaltigkeitsdialog fortgesetzt.

Um die Entwicklung des automatisierten und autonomen Fahrens voranzutreiben, betrachtet Mercedes-Benz das komplexe Thema unter allen relevanten Gesichtspunkten. Über technische Aspekte hinaus setzt sich ein interdisziplinäres Steering Committee mit den rechtlichen, ethischen und datenschutzbezogenen Fragen auseinander. In diesem Steuerkreis ist neben den Entwicklern und Ingenieuren auch ein Juristenteam vertreten, das sich auf das autonome Fahren spezialisiert hat. Hinzu kommen Datenschutz- und Compliance-Experten sowie Fachleute aus weiteren Bereichen wie etwa Strategie, Politik und Kommunikation. So treffen umfangreiches Fachwissen und verschiedene Blickwinkel schon in einem frühen Stadium der Produktentwicklung zusammen.