Vorstandsmitglied Renata Jungo Brüngger, verantwortlich für das Ressort Integrität, Governance & Nachhaltigkeit.

Interview mit Renata Jungo Brüngger

„Nachhaltigkeit bedeutet für uns, echte Verbesserungen zu erzielen“.

11. November 2024 – Nachhaltigkeit – bei Mercedes-Benz schon seit Jahren im Fokus unserer Strategie und unseres Geschäfts. So dynamisch wie die Transformation selbst entwickelt sich auch unser systematischer Ansatz stetig weiter. Im Zentrum stehen dabei ökologische Aspekte wie Dekarbonisierung und Kreislaufwirtschaft, unsere Vorstellung von Nachhaltigkeit geht aber noch darüber hinaus. Im Interview spricht Renata Jungo Brüngger, Vorständin für Integrität, Governance & Nachhaltigkeit, wie wir Nachhaltigkeit in unserem Geschäft verankern, welche Herausforderungen es gibt und was die Erfolgsfaktoren für die nachhaltige Transformation von Mercedes-Benz sind.

Frau Jungo Brüngger, Nachhaltigkeit wird als Begriff heutzutage fast inflationär verwendet. Was bedeutet Nachhaltigkeit für uns bei Mercedes-Benz?

Renata Jungo Brüngger: Es stimmt – viele reden über Nachhaltigkeit und fast jeder versteht darunter etwas anderes. Für Mercedes-Benz bedeutet Nachhaltigkeit, dass wir als Unternehmen und mit unseren Produkten langfristig Wert schaffen wollen, und das für möglichst viele Menschen. Deshalb verfolgen wir eine nachhaltige Geschäftsstrategie, und das schon seit Jahren. Das bedeutet: Nachhaltigkeit ist elementarer Bestandteil unserer Unternehmensausrichtung, und zwar ganzheitlich, also mit ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Aspekten. Um es klar zu sagen: Nachhaltigkeit und Profitabilität gehen Hand in Hand. Ohne profitabel zu sein, können wir unser Geschäft nicht nachhaltig machen. Und ohne unser Geschäft nachhaltig zu machen, werden wir langfristig nicht profitabel sein können. Vor diesem Hintergrund hat Nachhaltigkeit für uns viele Facetten und geht weit über die wichtigen Themen CO₂-Reduktion und Umweltschutz hinaus: Wir wollen vorangehen und Standards in Bezug auf Umweltverträglichkeit, soziale Verantwortung, gute Unternehmensführung sowie wirtschaftliche Effizienz durch nachhaltige Innovationen setzen.

Mit unserer Ambition 2039 haben wir uns ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. Gleichzeitig bauen wir weiter Verbrenner und investieren auch in diese Technologie. Wie passt das zusammen?

Renata Jungo Brüngger: Wir stehen zu unserer Ambition 2039: Wir wollen bis dahin eine bilanziell CO₂-neutrale*[1]Bilanziell CO₂-neutral bedeutet, dass nicht vermiedene oder reduzierte CO₂-Emissionen bei Mercedes-Benz durch zertifizierte Ausgleichsprojekte kompensiert werden.
Neuwagenflotte anbieten. Das umfasst die gesamte Wertschöpfungskette – von der Entwicklung und Produktion bis hin zur Nutzung und dem Recycling unserer Fahrzeuge. Gleichzeitig erkennen wir die Bedeutung und den aktuellen Bedarf an Verbrennungsmotoren. Als Wirtschaftsunternehmen müssen wir beides im Blick haben: Die heutige Situation und unser langfristiges Ziel. Bei erstem spielt der Verbrenner eine größere Rolle, als die meisten von uns das vor ein paar Jahren noch erwartet haben. Mit den Investitionen in Verbrennungsmotoren gehen wir auf aktuelle Mobilitätsbedürfnisse unserer Kunden ein und tragen dazu bei, die nachhaltige Transformation auch wirtschaftlich zu stemmen. Ganz klar ist aber auch: Wir investieren weiter und unvermindert in unsere Elektrofahrzeuge. Das ist Teil unseres ausgewogenen Ansatzes, und so sichern wir sowohl unseren kurzfristigen als auch unseren künftigen Erfolg.

Vorstandsmitglied Renata Jungo Brüngger, verantwortlich für das Ressort Integrität, Governance & Nachhaltigkeit.
Vorstandsmitglied Renata Jungo Brüngger, verantwortlich für das Ressort Integrität, Governance & Nachhaltigkeit.

Auf welche Themen konzentriert sich Mercedes-Benz, wenn es um Nachhaltigkeit geht?

Renata Jungo Brüngger: Wir haben sechs strategische Fokusthemen mit konkreten Zielen: Dekarbonisierung, Ressourcennutzung & Kreislaufwirtschaft, Menschen, Digitales Vertrauen, Verkehrssicherheit und Menschenrechte. Diese Handlungsfelder haben wir in den letzten Monaten noch einmal weiterentwickelt und nachgeschärft. Dafür haben wir viele Perspektiven einfließen lassen – unter anderem von Kundinnen und Kunden, dem Kapitalmarkt und der Politik – und eine Wesentlichkeitsanalyse durchgeführt. Um unseren Fortschritt in allen Unternehmensbereichen zu erheben, haben wir eine ganze Reihe von KPIs (Key Performance Indicators) formuliert. Damit wir für unsere Initiativen den so wichtigen „Blick von außen“ bekommen, legen wir zusätzlich großen Wert auf den regelmäßigen Austausch mit externen Stakeholdern, beispielsweise mit unserem Beirat für Integrität und Nachhaltigkeit oder auf unseren weltweiten Nachhaltigkeitsdialogen in Stuttgart, China, den USA oder Indien. Dort tauschen wir uns regelmäßig mit Vertretern von NGOs, Politik und Think Tanks aus.

Warum sind gerade diese sechs Fokusfelder so wichtig für Nachhaltigkeit?

Renata Jungo Brüngger: Wir wollen mit dem, was wir tun, eine möglichst große Wirkung erzielen. Bei den sechs Fokusfeldern können wir einen wirklichen Unterschied machen. Es handelt sich um Themen, die sowohl heute als auch in der Zukunft eine hohe Relevanz haben – für uns als Unternehmen, aber auch für viele unserer Stakeholder. Die Felder sind nicht zufällig gewählt: Grundsätzlich orientieren wir uns an den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen. Mit der Refokussierung auf sechs Nachhaltigkeitsfelder haben wir eine wichtige strategische Grundlage. Im nächsten Schritt haben wir konkrete und messbare Ziele formuliert. Damit verankern wir die Strategie noch stärker im operativen Geschäft. So erreichen wir wirkliche Verbesserungen, von der Reduktion der CO₂-Emissionen über einen höheren Anteil von Rezyklaten in den Fahrzeugen, bis zur Vision vom unfallfreien Fahren.

Es gibt in unserer Branche viele, insbesondere auch rechtliche, Rahmenbedingungen zu beachten. Manch einer sagt, dass uns das bremst. Brauchen wir in Sachen Nachhaltigkeit gerade nicht vor allem Schnelligkeit?

Renata Jungo Brüngger: Wir wollen unsere Ziele schnell vorantreiben, als Unternehmen brauchen wir aber auch Rechtssicherheit. Insofern sind rechtliche Rahmenbedingungen erst einmal etwas Gutes. Was wir nicht brauchen, ist unnötige Bürokratie, die die Transformation bremst und keine tatsächlichen Verbesserungen bringt. Da sehen wir aktuell in einigen Bereichen eine Überregulierung, beispielsweise was die Sorgfaltspflichten in der Lieferkette angeht oder in sehr umfangreichen Berichtspflichten. Das ist die eine Seite. Oft ist es aber auch so, dass sich der technische Fortschritt schneller entwickelt als die Gesetzgebung. Das war in der Vergangenheit beispielsweise beim automatisierten Fahren oder bei Künstlicher Intelligenz der Fall. Dann müssen wir heute Entscheidungen treffen, die erst in der Zukunft im Detail geregelt sind. Dabei setzen wir auf unseren adaptiven Compliance-Ansatz: Im Kern geht es darum, zukünftige Anforderungen des Gesetzgebers und der Gesellschaft frühzeitig zu erkennen und in unsere Entscheidungen und Prozesse zu integrieren. Mit adaptiver Compliance schaffen wir die entsprechenden Strukturen, noch bevor es zu einer Regulierung kommt. Damit haben wir gute Erfahrungen gemacht, sei es bei Big Data, Künstlicher Intelligenz oder auch bei technischer Compliance.

Lange Zeit lag Nachhaltigkeit im Trend, doch aktuell scheint das Pendel teilweise in die entgegengesetzte Richtung zu schwingen. Was denken Sie: Wohin geht die Reise?

Renata Jungo Brüngger: Auch wenn wir in manchen Aspekten Gegenwind spüren: Nur nachhaltiges Wirtschaften verspricht dauerhaften Erfolg. Nur damit werden wir auch in Zukunft profitabel sein. Warum? Unsere Marke ist unser stärkstes Asset – und Investitionen in Nachhaltigkeit sind Investitionen in unsere Marke. Der Weg Richtung Nachhaltigkeit mag etwas weniger geradlinig sein als ursprünglich gedacht. Gerade deshalb ist es wichtig, dass wir weiterhin in die richtige Richtung gehen und das Ziel nicht aus den Augen verlieren. Langfristig bin ich davon überzeugt, dass Nachhaltigkeit und Rentabilität Hand in Hand gehen werden. Deswegen bleiben wir als Unternehmen auf Kurs.

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Nachhaltigkeitsbericht 2023.

Unser Mercedes-Benz Group Nachhaltigkeitsbericht 2023 zeigt Meilensteine, die wir auf unserem klar definierten Weg zu mehr Nachhaltigkeit bereits erreicht haben.

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