Umgang mit Risikorohstoffen.

Umgang mit Risikorohstoffen.

Die Mercedes-Benz Group verfolgt einen risikobasierten Ansatz. Das bedeutet: In Rohstofflieferketten mit einem hohen Risiko für Menschenrechtsverletzungen ist es unser Anspruch, größtmögliche Transparenz über die vorgelagerten Wertschöpfungsstufen zu schaffen. Auf diese Weise identifizieren wir die menschenrechtlich kritischen Punkte und können zielgerichtete Maßnahmen definieren und umsetzen.

Bei der Produktion von Fahrzeugen benötigen wir einige Rohstoffe, bei denen die Gefahr besteht, dass sie möglicherweise unter menschenrechtlich kritischen Bedingungen abgebaut oder verarbeitet werden. Die Lieferketten dieser Rohstoffe zu kontrollieren, hat für uns deshalb hohe Priorität. Unter dem Dach des Human Rights Respect Systems analysieren wir 24 kritische Rohstoffe auf menschenrechtliche Risiken, schaffen Transparenz in unseren Lieferketten und treffen Maßnahmen, um Risiken zu reduzieren. Die Ergebnisse der Analysen und die daraus resultierenden Maßnahmen veröffentlichen wir in unserem Rohstoffbericht. Mehr zu unseren Zielen erfahren Sie im Nachhaltigkeitsbericht.

Unser Engagement bei Batterierohstoffen

Auf dem Weg zu einer bilanziell CO₂-neutralen Neuwagenflotte ab 2039 über die gesamte Wertschöpfungskette stellen batterieelektrische Antriebe einen zentralen Baustein dar. Damit verbunden ist ein sich verändernder und wachsender Bedarf an bestimmten Rohstoffen, zu denen insbesondere Kobalt und Lithium, aber auch Nickel, Graphit, Mangan und Kupfer gehören. Diese zählen zu den 24 von uns identifizierten Rohstoffen, deren Einsatz, Gewinnung oder Weiterverarbeitung menschenrechtlich potenziell kritisch sind. Um sowohl menschenrechtlichen, als auch Umweltrisiken zu begegnen, führen wir deshalb bei diesen Rohstoffen umfassende Überprüfungen in Form sogenannter Rohstoffassessments durch. Die Ergebnisse der Rohstoffassessments zu den Rohstoffen Aluminium, Kobalt, Lithium, Glimmer, Zinn und Wolfram haben wir in unserem aktuellen Rohstoffbericht aufgearbeitet.

Neben einer anfänglichen Situationserhebung stellen die intensive Auseinandersetzung mit unseren Lieferketten und die Einbindung unserer direkten Lieferanten sowie weiterer Stakeholder aus Wissenschaft, Industrie und Zivilgesellschaft wichtige Elemente unserer Überprüfungen dar.

Unsere Rohstoffassessments bestehen aus drei Schritten:

  1. Wir schaffen Transparenz entlang der jeweiligen Rohstoff-Lieferketten.
  2. Wir identifizieren in diesen Lieferketten Risiko-Hotspots.
  3. Wir definieren Maßnahmen, um Risiken entgegenzuwirken, setzen diese um und stellen sicher, dass sie wirksam sind.

Bis 2025 wollen wir 70 Prozent aller Rohstoffe mit hohem Risiko überprüfen. Letztlich sollen bis 2028 für 100 Prozent der Rohstoffe mit erhöhtem Risiko für Menschenrechtsverletzungen entsprechende Maßnahmen definiert werden. Die Rohstoffassessments zu den genannten Batterie-Rohstoffen haben alle im Jahr 2021 mindestens begonnen. Zu den Ergebnissen der Assessments berichten wir hier .

Wir identifizieren und priorisieren Risiken in unseren Rohstofflieferketten im Einklang mit den Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen (UN)  und den OECD Leitlinien  für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht für Minerale aus Konflikt- und Hochrisikogebieten¹.

Für die Analyse ziehen wir unterschiedliche Kriterien heran – beispielsweise die Anzahl und Tiefe unserer Lieferketten sowie die technischen Gegebenheiten des Rohstoffabbaus und die Herkunft der Rohstoffe. Ein weiteres Kriterium bildet die zukünftige Relevanz eines Rohstoffs für unsere Produkte in Hinblick auf den Wandel zur Elektromobilität. Rohstoff- und Dienstleistungslieferketten sind sehr unterschiedlich, deshalb betrachten wir diese separat voneinander.

Um zielgerichtete Maßnahmen entwickeln und gestalten zu können, bewerten wir alle 24 kritischen Rohstoffe entlang von neun identifizierten Risikofeldern. Diese leiten sich aus unseren Nachhaltigkeitsstandards  unter Berücksichtigung der für Rohstofflieferketten relevanten internationalen Rahmenwerke, wie den OECD Leitlinien für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht für Minerale aus Konflikt- und Hochrisikogebieten, ab:

Risikobereiche Definition
Arbeitsbedingungen einschließlich Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz Arbeitsbedingungen mit (potenziellen) negativen Auswirkungen auf die körperliche und mentale Gesundheit der Mitarbeiter.
Kinderarbeit Illegale oder ausbeutende Beschäftigung von Kindern, die Kindern ihrer Kindheit und Bildung (potenziell) beraubt.
Moderne Sklaverei einschließlich Zwangsarbeit (Potenzielle) Ausbeutung von Arbeitern, die sich auf Grund von Gewalt oder Drohungen nicht verweigern oder das Arbeitsverhältnis verlassen können.
Gemeinschaft und indigene Rechte (Potenzielle) negative Auswirkungen auf die Rechte und Existenzen von betroffenen lokalen und indigenen Gemeinschaften.
Exzessive Gewalt durch öffentliche und private Sicherheitskräfte (Potenzielle) durch private und öffentliche Sicherheitskräfte begangene Menschenrechtsverstöße, an denen ein Unternehmen eine Mitschuld trägt.
Umweltrisiken mit Auswirkungen auf die Menschenrechte Negative Auswirkungen auf die Umwelt, die die Achtung der Menschenrechte (potenziell) beeinträchtigen.
Geschäftsgebaren in Konflikt- und Hochrisikogebieten (Potenzielle) negative Auswirkungen einer Unternehmenstätigkeit, die zu einem Konflikt beiträgt – ausgehend von den Tätigkeiten eines Unternehmens oder seinen Beziehungen zu Dritten einschließlich Zulieferern.
Schwere Menschenrechtsverstöße Die schwersten Menschenrechtsverletzungen, an denen ein Unternehmen (potenziell) mitschuldig werden kann.
Zulieferer DDMS Unzureichende Sorgfaltsprozesse in Unternehmen entlang der Lieferkette.

Eine detaillierte Auflistung der allgemeinen Risiken relevanter Rohstoffe sowie eine lieferkettenspezifische Analyse wird schrittweise erarbeitet und in dem Mercedes-Benz Raw Materials Report auf unserer Website veröffentlicht.

Bewertung der Risikofelder

Für die Bewertung der Risikofelder setzen wir die Logik der UN Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte in die Praxis um, und analysieren das Ausmaß eines Risikos („Scale“) ebenso wie die Anzahl Betroffener („Scope“).

Wir beziehen uns dabei auf relevante Berichterstattung, Studien, Experteninterviews sowie kollaborative Arbeiten. Ein Beispiel dafür ist die Plattform Raw Materials Outlook , die wir gemeinsam mit anderen Automobilherstellern in der Initiative „Drive Sustainability“ entwickelt haben. Ziel der Zusammenarbeit war es, ein branchenübergreifendes Onlineportal zu schaffen, das Automobilherstellern und deren Zulieferern dabei hilft, ihre menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken in der Lieferkette zu identifizieren.

Mit der Bewertung identifizieren und priorisieren wir die Risiken mit der höchsten Relevanz und passen unsere Maßnahmen entsprechend an. Das Ergebnis unserer Bewertung sowie die Maßnahmen zur Risikoreduzierung reflektieren wir mit externen Stakeholdern, die zu den einzelnen Rohstoffen über besondere Expertise verfügen sowie mit potentiell Betroffenen und deren Vertretern.

Mit der Bewertung identifizieren und priorisieren wir die Risiken mit der höchsten Relevanz und passen unsere Maßnahmen entsprechend an. Die Risiken werden entlang einer vierstufigen Skala von 0 = geringem bis 3 = kritischem Risiko bewertet.


Risikoeinstufung nicht
zutreffend
0
Gering
1
Moderat
2
Erheblich
3
Kritisch

Ausmaß:
Wie schwerwiegend ist die negative Auswirkung auf die Betroffenen?
nicht
zutreffend
Betroffene Menschenrechte außer körperliche / seelische Schäden Können unter Umständen durch andere beeinträchtigte Menschenrechte in körperlichen / seelischen Schäden resultieren Schwere körperliche / seelische Schäden Verlust des Lebens
Umfang:
Wie viele Menschen sind betroffen?
nicht
zutreffend
Unter 100 Rechteinhaber betroffen Zwischen 100 und 500 Rechteinhaber betroffen Zwischen 500 und 1000 Rechteinhaber betroffen Mehr als 1000 Rechteinhaber betroffen

¹ OECD Leitfaden für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht zur Förderung verantwortungsvoller Lieferketten für Minerale aus Konflikt- und Hochrisikogebieten.

Industrieller Bergbau ist immer mit Eingriffen in die Umwelt und damit auch mit potentiellen Auswirkungen auf die Lebensbedingungen der lokalen Bevölkerung verbunden. Zu den im Rahmen bisheriger Rohstoffassessments identifizierter Risiken zählen beispielsweise:

  • Gefahren für die Gesundheit von Beschäftigten und der Bevölkerung im Umkreis der Mine, z.B. durch Staubemissionen aufgrund großer Materialbewegungen und Transport,
  • Auswirkungen auf die umliegende Landwirtschaft, z.B. durch die Veränderung oder Verunreinigung von Grundwasser und offenen Gewässern,
  • Einflüsse auf die Lebensweise der Bevölkerung vor Ort (einschließlich indigener Gemeinschaften), in Einzelfällen bis hin zur Umsiedlung; z.B. aufgrund des Flächenbedarfs großer Minen.

Neben unseren eigenen Rohstoffassessments, aus denen wir rohstoffspezifische Maßnahmen ableiten, bildet der Einsatz anerkannter externer Standards für uns ein zentrales Instrument, um unseren eigenen Sorgfaltspflichten nachzukommen. Von besonderer Bedeutung ist für uns dabei der Bergbaustandard der Initiative for Responsible Mining Assurance (IRMA) . IRMA ist der derzeit weitreichendste Standard und deckt die Risiken im Abbau von Rohstoffen umfassend ab. Weil die Ergebnisse der Audits transparent und vollständig veröffentlich werden, schafft IRMA eine Voraussetzung für die anschließende Mitwirkung aller relevanter Stakeholder bei der fortlaufenden Verbesserung der Nachhaltigkeitsperformance der überprüften Minen.

Seit 2021 setzen wir IRMA als Voraussetzung in allen batteriebezogenen Vergaben ein und fordern von unseren Lieferanten die ausschließliche Verwendung von Kobalt, Lithium, Nickel, Graphit, Mangan und Kupfer aus IRMA-auditierten Minen in neu beauftragten Lieferumfängen. Weil IRMA noch am Beginn der industrieweiten Anwendung steht, setzen wir dabei auf Übergangszeiträume. Mit unserer klaren Anforderung beschleunigen wir die Etablierung des Standards unter realistischen Bedingungen: Wir setzen schrittweise auf immer verantwortungsvollere Praktiken mit dem mittelfristigen Ziel einer robusten Zertifizierung. So erwarten wir zum jeweiligen Produktionsstart des entsprechenden Kaufteils beim Lieferanten mindestens einen Nachweis über „IRMA Transparency“ und drei Jahre danach die Erreichung von „IRMA 50“ oder höher. Details zu den beschriebenen IRMA-Einstufungen siehe hier .