Warum der Plug-in-Hybrid eine wichtige Säule auf dem Weg zur emissionsfreien Mobilität ist

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Zwei Herzen, eine Lust.

Die Diskussion um Autos mit Plug-in-Hybrid-Antrieb ist kontrovers. Die einen preisen Pkw, die Verbrennungsmotor und E-Maschine in sich tragen, als das Beste aus beiden Welten. Andere geißeln sie als faulen Kompromiss, der Grünen-Politiker Cem Özdemir nannte sie sogar „staatlich subventionierten Klimabetrug“. Wir haben uns mit den Argumenten beider Seiten auseinandergesetzt – und herausgefunden, welche Rolle die Fahrzeuge mit Doppelherz in der Antriebsstrategie von Mercedes-Benz spielen.

14 Min. Lesedauer

von Sven Sattler, Autor
erschienen am 29. Oktober 2020

Auf den ersten Blick sieht die blaue A-Klasse unauffällig aus. So wie jede andere A-Klasse auch. Erst bei genauerem Hinsehen offenbart sich, was wirklich in ihr steckt. Klar, die Typenbezeichnung am Heck ist für Kenner schon Offenbarung genug. Das E-Kennzeichen ist schon ein offensichtlicheres Indiz. Aber spätestens als die Kompaktlimousine sanft, beinahe flüsterleise zum Stehen kommt, die Fahrerin aussteigt und dort, wo der Laie den Tankdeckel vermuten würde, nicht etwa eine Zapfpistole einsteckt, sondern einen Typ-2-Stecker, ist klar: Das muss ein Exemplar des A 250e sein (Kraftstoffverbrauch gewichtet, kombiniert 1,4 l/100 km, Stromverbrauch gewichtet, kombiniert 15,3-14,9 kWh/100 km, CO₂-Emissionen gewichtet, kombiniert 32-31 g/km* **).

Die Nachfrage nach dem Modell ist aktuell enorm hoch, so wie nach allen Plug-in-Hybriden mit dem berühmten Stern. In Europa hat Mercedes-Benz im ersten Halbjahr 2020 viermal so viele Autos mit Doppel-Antrieb abgesetzt wie im Vorjahreszeitraum, der Trend hat sich seitdem fortgesetzt. Im deutschen Markt wird der Run freilich nochmals angekurbelt durch das im Juni beschlossene Konjunkturpaket der Bundesregierung. Das sieht für Plug-in-Hybrid-Pkw nun eine Fördersumme von bis zu 6.750 Euro vor, wenn man Umwelt- und Innovationsprämie zusammenrechnet; die Umweltprämie wird dabei zur Hälfte vom Pkw-Hersteller finanziert. Herstellerübergreifend wurden im deutschen Markt in den ersten sechs Monaten des Jahres 2020 knapp 50.000 Plug-in-Hybrid-Autos neu zugelassen. Das waren bereits mehr als im gesamten Jahr 2019 – trotz der Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie. Im dritten Quartal 2020 registrierte das Kraftfahrtbundesamt (KBA) weitere 56.000 Neuzulassungen von Plug-in-Hybriden: Zahlenmäßiger Spitzenreiter im Juli und im August war markenübergreifend der Mercedes-Benz A 250e, im September nahm diesen Spitzenplatz der Mercedes-Benz GLC 300e (Kraftstoffverbrauch gewichtet, kombiniert 2,2 l/100 km, Stromverbrauch gewichtet, kombiniert 16,5 kWh/100 km, CO₂-Emissionen gewichtet, kombiniert 50 g/km* **) ein.

Die Nachfrage nach Mercedes-Benz Pkw mit Plug-in-Hybrid-Antrieb ist derzeit sehr hoch. Im September wurde markenübergreifend kein Plug-in-Hybrid-Auto so häufig zugelassen wie der GLC 300e (Kraftstoffverbrauch gewichtet, kombiniert 2,2 l/100 km, Stromverbrauch gewichtet, kombiniert 16,5 kWh/100 km, CO₂-Emissionen gewichtet, kombiniert 50 g/km* **)
Die Nachfrage nach Mercedes-Benz Pkw mit Plug-in-Hybrid-Antrieb ist derzeit sehr hoch. Im September wurde markenübergreifend kein Plug-in-Hybrid-Auto so häufig zugelassen wie der GLC 300e (Kraftstoffverbrauch gewichtet, kombiniert 2,2 l/100 km, Stromverbrauch gewichtet, kombiniert 16,5 kWh/100 km, CO₂-Emissionen gewichtet, kombiniert 50 g/km* **)

Es ist wahrscheinlich kein Zufall: Je mehr Fahrzeuge mit Doppelherz auf den Straßen unterwegs sind, umso kontroverser wird deren Rolle für die Mobilität der Zukunft debattiert. Und weil Mobilität ja auch unweigerlich etwas mit dem eigenen Lebensentwurf – für manche sogar mit persönlicher Freiheit – zu tun hat, wird die Diskussion bisweilen auch ziemlich emotional geführt. Dabei bleibt manchmal leider auf der Strecke, dass diese Diskussion komplex ist, weit komplexer als es knackige Formulierungen wie „das Beste aus beiden Welten“ auf Seiten der Hybrid-Fans oder „staatlich subventionierter Klimabetrug“ auf Seiten der Skeptiker darstellen können. Wir glauben, dass es die Aufgabe des Daimler-Magazins ist, vielschichtige Debatten in all ihren Facetten zu beleuchten – und genau das wollen wir hier mit der kontroversen Diskussion rund um Plug-in-Hybrid-Pkw tun.

Das Ziel ist klar: CO₂-neutrale Mobilität

Torsten Eder hat die Frage, wie er persönlich zum Thema Plug-in-Hybride steht, wahrscheinlich öfter beantwortet als jeder andere bei Daimler. Er leitet die Antriebsstrang-Entwicklung bei Mercedes-Benz, in seinen Verantwortungsbereich fallen Elektro- und Verbrennungsmotor gleichermaßen. „Im Fokus unserer Antriebsstrategie steht ganz klar Electric first: Unser Ziel ist die CO₂-neutrale Mobilität“, sagt der Ingenieur.

Bereits im vergangenen Jahr hat sich Daimler zu seiner Ambition2039 bekannt, 2039 soll das gesamte Unternehmen genau wie seine Neuwagenflotte klimaneutral sein. Die vorgesehene Zeitspanne von knapp zwei Jahrzehnten mag sich zunächst nach viel Zeit anhören. Wer aber die Spielregeln der Automobilindustrie kennt, in der zwischen Vorentwicklung und Serienreife in aller Regel mehrere Jahre liegen, versteht: Das sind weniger als drei Produktzyklen. Entsprechend fordernd ist diese Transformation. Für die gesamte Organisation. Aber natürlich besonders für ihre Motorenentwickler. Schließlich ist der Antriebsstrang der vermutlich wichtigste Stellhebel, wenn es um die Reduktion von Kohlenstoffdioxid geht. Ein Elektromotor bewegt ein Fahrzeug ohne lokale CO₂-Emissionen.

Plug-in-Hybride als Brücke zwischen den Technologien

„Wir müssen aber auch die aktuelle globale Situation realistisch betrachten“, sagt Torsten Eder: „Derzeit sind batterie-elektrische Fahrzeuge nicht für jeden die richtige Wahl – weil zum Beispiel in verschiedenen Regionen die Ladeinfrastruktur noch lückenhaft ist.“ Mercedes-Benz hat den Anspruch, seinen Kunden jeweils das passende Fahrzeug für ihre individuellen Bedürfnisse anzubieten. Darum fußt die Antriebsstrategie auf drei Säulen: Die erste sind die vollelektrischen EQ-Modelle. Die zweite Säule sind die Plug-in-Hybride, die neben der E-Maschine auch einen Benzin- oder Dieselmotor an Bord haben. Säule drei sind modernste Verbrennungsmotoren, die bei ihrer Effizienz auch von der eingebauten 48-Volt-Technologie profitieren.

Torsten Eder leitet die Antriebsstrang-Entwicklung von Mercedes-Benz – und fährt selbst einen Plug-in-Hybrid.
Torsten Eder leitet die Antriebsstrang-Entwicklung von Mercedes-Benz – und fährt selbst einen Plug-in-Hybrid.

In dieser Strategie schlagen die Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge also die Brücke von der einen Technologie zur anderen: „Sie bieten die Vorteile aus beiden Welten: In der Stadt fahren Sie elektrisch und auf langen Strecken profitieren Sie von der Reichweite des Verbrennungsmotors und der entsprechenden Infrastruktur“, sagt Torsten Eder.

Elektrische Reichweite höher als Tageskilometer-Durchschnitt der Deutschen

Nicht zu vernachlässigender Nebeneffekt: Plug-in-Hybride sind für Kunden, die mit einem rein elektrischen Fahrzeug aktuell noch fremdeln, der perfekte Einstieg in die Elektromobilität. Ein Appetithappen quasi, der Lust auf mehr macht. Wer einmal ein vergleichsweise großes Auto wie E- oder S-Klasse bewegt hat ohne dass dabei der Verbrennungsmotor läuft, kennt das beinahe majestätische Fahrgefühl. Selbst bei einem, der wie Torsten Eder tagtäglich mit Fahrzeugantrieben zu tun hat, hinterlässt dieser Eindruck Spuren: Daimlers oberster Motorenentwickler fährt eine E-Klasse als Plug-in-Hybrid – beim Pendeln zwischen Arbeitsplatz und Wohnort surrt bei ihm nur die E-Maschine.

Die allermeisten Europäer haben laut Statistik ganz ähnliche Anwendungsfälle für ihr Auto. Die jüngste Erhebung der Studie Mobilität in Deutschland  stammt aus dem Jahr 2017 und kommt auf einen Wert von 39 Kilometern, den die Bundesbürger am Tag durchschnittlich zurücklegen. Auch in den allermeisten anderen europäischen Staaten liegt dieser Wert zwischen 30 und 40 Kilometern. Alle aktuellen Plug-in-Hybrid-Modelle von Mercedes-Benz haben eine rein-elektrische Reichweite von mindestens rund 50 Kilometern, die Plug-in-Hybrid-Varianten des GLE sowie der neuen S-Klasse kommen mit voller Batterie sogar etwa 100 Kilometer weit. Heißt im Umkehrschluss: Wenn er denn möchte, kann der Durchschnittseuropäer im Alltag mit einem Plug-in-Hybrid von Mercedes-Benz komplett elektrisch unterwegs sein.

Der oder die Durchschnittsdeutsche fährt 39 Kilometer am Tag. Die rein-elektrische Reichweite der Plug-in-Hybride von Mercedes-Benz liegt, je nach Modell, zwischen etwa 50 und etwa 100 Kilometern.
Der oder die Durchschnittsdeutsche fährt 39 Kilometer am Tag. Die rein-elektrische Reichweite der Plug-in-Hybride von Mercedes-Benz liegt, je nach Modell, zwischen etwa 50 und etwa 100 Kilometern.

Der Plug-in-Hybrid ist effizienter – selbst ohne externes Laden

Eine These, die freilich ziemlich unmittelbar zum wohl größten Kritikpunkt führt, der den Pkw mit Doppel-Antrieb in der öffentlichen Diskussion entgegenschlägt. Schnell ist dann die Rede davon, dass man sich mit Plug-in-Hybriden ein reines Gewissen samt Umweltprämie, Steuervorteile und E-Kennzeichen kaufen könne – um dann am Ende doch nur angetrieben vom Verbrennungsmotor durch die Gegend zu fahren.

Es gilt: Alle Plug-in-Hybrid-Pkw von Mercedes-Benz sind dafür konzipiert worden, regelmäßig extern aufgeladen und in der Regel mit dem Elektromotor betrieben zu werden. Bei den Plug-in-Hybriden aus dem Kompaktsegment (zum Beispiel beim eingangs erwähnten A 250e) gibt es nicht einmal mehr einen Anlasser, also einen separaten Starter für den Verbrennungsmotor. Der Zustart erfolgt nur durch die E-Maschine.

Hinzu kommt, dass sich Daimler für den Ausbau einer intelligenten und engmaschigen Ladeinfrastruktur stark macht: Zum einen durch den Service Mercedes me Charge , der den Kunden den komfortablen Zugang zu einem der weltweit größten Ladenetze bietet, oder durch die Beteiligung am Joint Venture IONITY , das ein leistungsstarkes Schnellladenetz in Europa aufbaut. Zum anderen durch Angebote wie die Mercedes-Benz Wallbox Home , die das sichere und schnelle Aufladen der Fahrzeugbatterie zu Hause ermöglicht. Und es gibt weitere Ideen, um Kundinnen und Kunden noch stärker dazu zu animieren, den Elektroantrieb in ihrem Plug-in-Hybrid wann immer möglich zu nutzen – zum Beispiel mit einem Bonus-System.

Services wie Mercedes me Charge sorgen dafür, dass Elektromobilität für Mercedes-Kunden bequem und stressfrei funktioniert. Der Service ist nicht nur für reine Elektrofahrzeuge, sondern auch für alle Plug-in-Hybrid-Modelle mit MBUX verfügbar.
Services wie Mercedes me Charge sorgen dafür, dass Elektromobilität für Mercedes-Kunden bequem und stressfrei funktioniert. Der Service ist nicht nur für reine Elektrofahrzeuge, sondern auch für alle Plug-in-Hybrid-Modelle mit MBUX verfügbar.
Das Infotainment-System MBUX hat dabei noch weitere interessante Einblicke für Fahrer eines Plug-in-Hybrids parat: seien es Diagramme zu Stromverbrauch und Rekuperation, ...
Das Infotainment-System MBUX hat dabei noch weitere interessante Einblicke für Fahrer eines Plug-in-Hybrids parat: seien es Diagramme zu Stromverbrauch und Rekuperation, ...
... oder eine grafische Information im Navigationssystem, welche Ziele mit dem aktuellen Batterieladestand rein elektrisch zu erreichen sind.
... oder eine grafische Information im Navigationssystem, welche Ziele mit dem aktuellen Batterieladestand rein elektrisch zu erreichen sind.
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Aber gehen wir doch wirklich einmal vom ungünstigsten Fall aus: Wie effizient ist ein Plug-in-Hybrid noch, wenn er nicht extern aufgeladen wird? Genau das wollten zwei Kollegen aus der Powertrain-Entwicklung unter Realbedingungen herausfinden. Matthias Klöpfer und Tom Hinsken, die sich normalerweise mit den Funktionen und der Applikation des Hybrid-Getriebes beschäftigen, haben dazu zwei vergleichbar stark motorisierte GLE zur selben Zeit auf der exakt gleichen Strecke getestet: Hinsken fuhr einen konventionell angetriebenen GLE 350 d (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 7,4-6,7 l/100km, CO₂-Emissionen kombiniert: 195-177 g/km*), Klöpfer den Diesel-Hybrid GLE 350de (Kraftstoffverbrauch gewichtet ,kombiniert: 1,3-1,1 l/100 km, Stromverbrauch gewichtet, kombiniert 28,7-25,4 kWh/100 km, CO₂-Emissionen gewichtet, kombiniert: 34-29 g/km* **), dessen Batterie bei Fahrtbeginn leer war. Auf den ersten Blick scheint der Hybrid bei diesem Duell im Nachteil zu sein – schließlich wiegt er durch das zweite Antriebssystem rund 400 Kilogramm mehr.

Das verblüffende Ergebnis: Am Ende der Spritztour durch den Schwarzwald hatte der schwerere GLE mit Plug-in-Hybrid-Antrieb dennoch etwa 25 Prozent weniger Diesel verbraucht als sein Pendant mit Verbrennungsmotor. Wie das funktionieren kann? Die Physik liefert die Antwort, das Zauberwort heißt Rekuperation: Beim Verzögern und Bergabfahren kann der Hybrid elektrisch bremsen. Der elektrische Antrieb wird dann quasi zum Generator und lädt die Batterie wieder auf. Die zurückgewonnene Energie kann dann zum Fahren verwendet werden – oder in der Batterie gespeichert, zum Beispiel, um die letzten Kilometer bis zum Zielort elektrisch zurückzulegen. Bei einem reinen Verbrenner wird die Bremsenergie lediglich in Wärme umgewandelt und geht somit verloren.

Vergleichsfahrt im Schwarzwald: Dank Rekuperation verbraucht der GLE mit Plug-in-Hybrid weniger Kraftstoff als sein konventionell angetriebenes Schwestermodell – obwohl er rund 400 Kilogramm mehr wiegt.
Vergleichsfahrt im Schwarzwald: Dank Rekuperation verbraucht der GLE mit Plug-in-Hybrid weniger Kraftstoff als sein konventionell angetriebenes Schwestermodell – obwohl er rund 400 Kilogramm mehr wiegt.

Automatisch der beste Mix aus Elektro und Verbrenner

Mit all diesen Überlegungen muss sich der Fahrer während der Fahrt aber gar nicht aktiv auseinandersetzen. Denn das Hybrid-Fahrzeug hat ein intelligentes Antriebsmanagement-System, das die ideale Kombination aus Verbrennungsmotor und elektrischem Antrieb aussucht. Dabei berücksichtigt sie auch die Zieleingabe im Navigationssystem oder Tempolimits auf der Strecke. Matthias Klöpfer erklärt: „Die Betriebsstrategie weiß, wie viele Kilometer wir noch bis zum Zielort vor uns haben und dass das Ziel in der Stadt liegt. Das führt dann zum Beispiel dazu, dass das Fahrzeug auf der Autobahn selbstständig den Verbrennungsmotor einschaltet und die Energie in der Batterie für den letzten Teil der Wegstrecke aufspart.“ Das ist die bequemste Variante, einen Plug-in-Hybrid von Mercedes-Benz zu fahren. Natürlich kann der Fahrer aber über verschiedene weitere Fahrmodi jederzeit auch seine eigenen Präferenzen für den Antriebsmix auswählen.

Übrigens: Wie die Technik der Plug-in-Hybride im Detail funktioniert, erklären wir in dieser Folge unserer Serie Einfach Technik.

Den Normverbrauch von Plug-in-Hybriden regelt ein Gesetz

Um das Thema Kraftstoffverbrauch dreht sich auch der zweite große Kritikpunkt, der in der Diskussion um den Doppelantrieb regelmäßig zur Sprache kommt. Konkret geht es um den Verbrauchswert, den Mercedes-Benz als Pkw-Hersteller im Online-Konfigurator oder in der Werbung für seine Plug-in-Hybride angibt. Für den an der Schwarzwald-Vergleichsfahrt beteiligten GLE 350 de, der über ein 143 kW/194 PS starkes Diesel-Aggregat und eine E-Maschine mit 100 kW/136 PS Leistung verfügt, sind das gerade einmal zwischen 1,3 und 1,1 Litern Diesel. Kann das wirklich wahr sein?

Es ist nicht das erste Mal, dass Torsten Eder darauf angesprochen wird: „Man darf nicht vergessen: Das ist der zertifizierte Kraftstoffverbrauch. Er basiert auf gesetzlichen Vorgaben und dient dazu, die Effizienz verschiedener Fahrzeuge unterschiedlicher Hersteller überhaupt vergleichbar zu machen.“ Ermittelt wird der Normverbrauch im Rahmen der Zertifizierung nach den Vorgaben des WLTP, das steht für Worldwide Harmonized Light Test Vehicle Test Procedure. In Deutschland gelten zudem die Bestimmungen der Pkw-EnVKV, hinter der Abkürzung verbirgt sich das Wortungetüm Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung. Sie schreibt derzeit noch vor, dass die Verbrauchsangaben in der Werbung nach dem sogenannten NEFZ, dem Neuen Europäischen Fahrzyklus, ausgewiesen werden müssen. Den im NEFZ ermittelten Verbrauchswert muss Mercedes-Benz bei allen Werbemaßnahmen ausweisen – alles andere wäre ein Verstoß gegen geltendes Recht.

Ist der zertifizierte Kraftstoffverbrauch darum aber automatisch unrealistisch? Nicht unbedingt. Natürlich liegt der Verbrauch höher, wenn ein Plug-in-Hybrid vorrangig vom Verbrennungsmotor angetrieben wird. Nur: Es hat auch nie jemand etwas anderes behauptet.

Matthias Klöpfer beschäftigt sich beruflich mit dem Getriebe unserer Plug-in-Hybriden. Als Experte weiß er: Nur wer seinen Plug-in-Hybrid regelmäßig auflädt, spielt die Vorteile aus.
Matthias Klöpfer beschäftigt sich beruflich mit dem Getriebe unserer Plug-in-Hybriden. Als Experte weiß er: Nur wer seinen Plug-in-Hybrid regelmäßig auflädt, spielt die Vorteile aus.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Wer seinen Plug-in-Hybrid konsequent auflädt und keine Langstrecke fährt, kann sogar ohne einen Tropfen Sprit auskommen. Wie gesagt: Die 39 Kilometer, die der Durchschnittsdeutsche am Tag zurücklegt, schaffen alle aktuellen Plug-in-Hybride von Mercedes-Benz bei normaler Fahrweise mit einer Batterieladung ohne Zuschalten des Verbrennungsmotors. Torsten Eder bringt es auf eine eingängige Formel: „Je öfter der Kunde lädt, umso geringer ist der tatsächliche Kraftstoffverbrauch. Kurzum: Wer lädt, gewinnt!“

Das Kofferraumvolumen ist etwas kleiner, der Kaufpreis mitunter höher

Und wie sieht es beim Anschaffungspreis aus? Welche Motorisierung gewinnt da? Es stimmt: In der Regel sorgt die komplexere Antriebstechnik, die in den Plug-in-Hybriden steckt, dafür, dass sie mit einem etwas höheren Kaufpreis zu Buche schlagen als vergleichbare Verbrenner.

Weil sich Fahrzeugpreise von Markt zu Markt unterscheiden, haben wir die Sache einmal exemplarisch mit der Preisliste durchgerechnet, die im Juli in Deutschland galt: Der GLE 350de kostet in der Serienausstattung rund 4.000 Euro mehr als der vergleichbare GLE 350d, zwischen C 300 Limousine (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 6,5-6,0 l / 100 km, CO₂-Emissionen kombiniert: 149-136 g/km*) und C 300e Limousine (Kraftstoffverbrauch gewichtet, kombiniert: 2,0-1,8 l/100 km, Stromverbrauch gewichtet, kombiniert: 15,6-13,4 kWh/100 km, CO₂-Emissionen kombiniert: 47-41 g/km* **) liegen knapp 2.000 Euro. In vielen Ländern werden Plug-in-Hybride jedoch aktuell steuerlich gefördert oder es gibt sogar eine Kaufprämie für sie – damit ist der höhere Anschaffungspreis oft schon egalisiert. Es gibt auch Modelle, für die die grobe Regel nicht gilt: A 250e Kompaktlimousine und A 250 Kompaktlimousine (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 6,4-5,9 l / 100 km, CO₂-Emissionen kombiniert: 146-135 g/km* **) liegen zum Beispiel preislich beinahe gleichauf, die Hybrid-Variante ist in der Grundausstattung sogar etwa 200 Euro billiger.

Wenn wir schon beim Vergleich zwischen reinen Verbrennern und Plug-in-Hybriden sind, soll natürlich dieser Aspekt nicht unerwähnt bleiben: Das Doppelherz macht ein Hybrid-Auto nicht nur etwas schwerer, sondern sorgt auch dafür, dass die Anordnung der Komponenten gewissermaßen neu gedacht werden muss. Vor allem die zusätzlich eingebaute Batterie braucht ihren Platz.

Durch die zusätzlich eingebaute Batterie muss die Anordnung der Komponenten im Fahrzeug gewissermaßen neu gedacht werden. Hier ein Bild aus der Produktion der A-Klasse im Werk Rastatt.
Durch die zusätzlich eingebaute Batterie muss die Anordnung der Komponenten im Fahrzeug gewissermaßen neu gedacht werden. Hier ein Bild aus der Produktion der A-Klasse im Werk Rastatt.

Aber auch hier lernen unsere Entwickler dazu: Zwar haben zum Beispiel die Plug-in-Hybride der aktuellen C-Klasse noch eine Stufe im Kofferraum, unter der sich die Batterie versteckt. Bei den im vergangenen Jahr vorgestellten Kompakt-Hybriden wird der Aufbau des Kofferraums durch die Hybridisierung hingegen kaum mehr beeinträchtigt, eine Stufe im Kofferraum gibt es hier nicht. Der Trick: Hier mündet der Auspuff zentral unter dem Fahrzeugboden, der Kraftstofftank sitzt im Achsbauraum. Somit ist unter den Rücksitzen genug Platz für die Hochvoltbatterie. Mit diesem Aufbau kommt die A 250e Kompaktlimousine auf ein Kofferraumvolumen von 345 Liter.

Plug-in-Hybride werden flexibel auf derselben Linie gefertigt wie Verbrenner

Die Produktion eines Plug-in-Hybrids mit seinem doppelten Antriebsstrang ist übrigens nicht grundsätzlich aufwendiger als der Bau eines Mercedes-Benz mit konventioneller Motorisierung. Beispiel A-Klasse: Da werden die Plug-in-Hybrid-Varianten im Mercedes-Benz Werk Rastatt auf derselben Linie gebaut wie die mit Benzin- oder Diesel-Motorisierung. Gleiches gilt für die Produktion des CLA im Mercedes-Benz Werk Kecskemét in Ungarn. (Mercedes-Benz CLA 250e: Kraftstoffverbrauch gewichtet, kombiniert: 1,6-1,4 l/100 km, Stromverbrauch gewichtet, kombiniert: 15,5-14,7 kWh/100 km, CO₂-Emissionen kombiniert: 37-31 g/km* **)

Produktion der A-Klasse in Rastatt: Die Plug-in-Hybrid-Varianten werden flexibel auf derselben Linie gefertigt wie die konventionell angetriebenen Fahrzeuge.
Produktion der A-Klasse in Rastatt: Die Plug-in-Hybrid-Varianten werden flexibel auf derselben Linie gefertigt wie die konventionell angetriebenen Fahrzeuge.

„Der neue CLA ist das erste Hybrid-Modell, das in Kecskemét gebaut wird, das machte für den Anlauf eine noch komplexere Vorbereitung erforderlich“, sagt Lívia Borsai, die am ungarischen Mercedes-Benz Standort für die Qualifizierung zuständig ist: „Für die individuellen Produktionsprozesse der Plug-in-Hybrid-Modelle und den entsprechenden Arbeitsschutz haben wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier mehrere Monate lang ausgebildet.“ Und Tamás Berki von der Standortplanung sagt: „Wir waren gut auf den Anlauf vorbereitet. Was für einen tollen Job das Team gemacht hat, zeigt sich auch darin, dass wir die neuen Hybrid-Modelle parallel zur üblichen Produktionstätigkeit eingeführt haben – obwohl mit ihnen neue technische Rahmenbedingungen und neue Maßnahmen beim Arbeitsschutz einhergingen.“ Der Kniff der Produktions-Mannschaft in Kecskemét: „Bereits mehr als ein Jahr vor dem geplanten Serienanlauf haben wir die ersten Prototypen gebaut, und zwar in einer zu diesem Zweck eingerichteten Halle. Das war in Sachen Prozessverbesserung innerhalb unseres Werks ein erheblicher Fortschritt.“

Lívia Borsai ist im Mercedes-Benz Werk im ungarischen Kecskemét für die Qualifizierung zuständig. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort wurden intensiv für die Produktion des CLA als Plug-in-Hybrid geschult.
Lívia Borsai ist im Mercedes-Benz Werk im ungarischen Kecskemét für die Qualifizierung zuständig. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort wurden intensiv für die Produktion des CLA als Plug-in-Hybrid geschult.
Tamás Berki von der Standortplanung in Kecskemét ist sehr zufrieden damit, wie der Anlauf der neuen Plug-in-Hybrid-Varianten funktioniert hat.
Tamás Berki von der Standortplanung in Kecskemét ist sehr zufrieden damit, wie der Anlauf der neuen Plug-in-Hybrid-Varianten funktioniert hat.
Marcel Ehret arbeitet in Rastatt und kümmert sich um die weltweite Montage-Einführung der Kompaktfahrzeuge. Er findet: Die am Standort gefertigte A-Klasse mit Plug-in-Hybrid-Antrieb ist eine tolle Möglichkeit, um Elektromobilität zu er-fahren.
Marcel Ehret arbeitet in Rastatt und kümmert sich um die weltweite Montage-Einführung der Kompaktfahrzeuge. Er findet: Die am Standort gefertigte A-Klasse mit Plug-in-Hybrid-Antrieb ist eine tolle Möglichkeit, um Elektromobilität zu er-fahren.
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Das Hybrid-Modul, das die Kompakt-Hybriden antreibt, ist dabei äußerst platzsparend: Der Elektromotor ist in das Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe integriert, die E-Maschine an sich leistet 75 kW / 102 PS. Mit ihr verbunden ist eine Lithium-Ionen-Hochvolt-Batterie mit einer Gesamtkapazität von etwa 15,6 kWh. Sie wird bei Accumotive im sächsischen Kamenz gefertigt, einer 100-prozentigen Tochter von Mercedes-Benz.

„Als wir hier in Rastatt mit der Serieneinführung der Hybrid-Fahrzeuge angefangen haben, war ich überrascht, wie viel Zukunftstechnologie in unsere bestehenden kompakten Modelle hineinpasst“, erinnert sich Marcel Ehret, der in der weltweiten Montage-Einführung der Kompaktfahrzeuge arbeitet: „Der Bauraum bei der Kompaktwagenfamilie ist begrenzt, das macht die Integration der Hochvoltkomponenten herausfordernd. Aber gerade das Mercedes-Benz Werk in Rastatt hat langjährige Elektro-Erfahrung, angefangen bei der A-Klasse E-CELL von 2010.“ Der Ingenieur ist stolz auf die Teamarbeit, die den reibungslosen Ablauf des A250e in Rastatt möglich gemacht hat – und er findet: „Diese A-Klasse ist ein tolles Beispiel dafür, dass man auch mit der neuesten Kompaktwagengeneration den Alltag rein elektrisch er-fahren kann.“

Christina Currle-Hamel leitet das Produktmanagement der Mercedes-Benz Kompaktfahrzeuge. Dazu gehören auch sechs Modelle mit Plug-in-Hybrid-Technologie.
Christina Currle-Hamel leitet das Produktmanagement der Mercedes-Benz Kompaktfahrzeuge. Dazu gehören auch sechs Modelle mit Plug-in-Hybrid-Technologie.
Familienfoto: Drei der insgesamt sechs Kompaktwagen von Mercedes-Benz, die es mit Plug-in-Hybrid-Antrieb gibt. Die effiziente Antriebsart gibt es bei Mercedes-Benz in fast jeder Fahrzeugklasse.
Familienfoto: Drei der insgesamt sechs Kompaktwagen von Mercedes-Benz, die es mit Plug-in-Hybrid-Antrieb gibt. Die effiziente Antriebsart gibt es bei Mercedes-Benz in fast jeder Fahrzeugklasse.
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Wenn Plug-in-Hybride ein Kompromiss sind, dann ein ziemlich guter

Er-fahren ist das richtige Stichwort: Das geht mit den mehr als 20 Plug-in-Hybrid-Varianten, die es im Portfolio von Mercedes-Benz bis zum Jahresende geben wird. Und zwar in allen Segmenten. „Damit begegnen wir der steigenden Nachfrage“, sagt Christina Currle-Hamel. Sie leitet das Produktmanagement der Kompaktfahrzeuge von Mercedes-Benz. „Wir bieten bereits heute sechs Kompaktmodelle mit Plug-in-Hybrid-Technologie an“, sagt die Produktmanagerin: „Wir finden, es ergibt Sinn, diese effiziente Antriebsart auch in dieser Fahrzeugklasse anzubieten. Damit ermöglichen wir einer breiten Käuferschicht den Einstieg in die Elektromobilität.“

Ohne Zweifel sind das hohe Interesse und die sprunghaft gestiegene Nachfrage an den Plug-in-Hybriden ein Ausweis dafür, dass die Technologie viele Fans hat. Ob sie ein Kompromiss ist, muss letzten Endes jeder für sich entscheiden. Die Fakten lassen aber eigentlich nur einen Schluss zu: Wenn ein Plug-in-Hybrid ein Kompromiss ist, dann ein ziemlich guter. Vor allem, weil er vielen Menschen, die rein batterie-elektrischen Autos noch skeptisch gegenüberstehen, den Einstieg in die Elektromobilität schmackhaft macht. Und sie mit ziemlicher Sicherheit für das Fahren mit Batterieantrieb begeistern wird.

Sven Sattler

ist im Mai selbst unter die Plug-in-Hybrid-Fahrer gegangen. Die C-Klasse, auf die die Wahl fiel, zog auch die Neugier im Kollegen- und Bekanntenkreis auf sich. Einstimmiges Fazit aller Probefahrer: Das Auto macht enorm viel Spaß – auch und gerade im E-Modus.

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