#NameYourCarDay

01NameYourCar

Über Autos, die einen Namen tragen.

Dieser Artikel wurde ursprünglich im Daimler-Blog veröffentlicht.

Es gibt mehr kuriose Gedenktage als der Kalender Tage hat: In den USA wird heute der „National Name Your Car Day“ begangen – also der „Gib-Deinem-Auto-einen-Namen-Tag“. Das US-Ranking der beliebtesten Auto(spitz)namen führt „Baby“ an. In Deutschland gibt laut einer aktuellen Umfrage jeder Fünfte seinem Wagen einen Namen. Und auch in der Geschichte von Mercedes-Benz gibt es einige Modelle, ja ganze Baureihen, die neben dem Stern auch einen Namen tragen. Grund genug, dem Phänomen diesen Beitrag zu widmen

7 Min. Lesedauer

von Cornelia Hentschel, Autorin
erschienen am 02. Oktober 2019

Ich gebe gern zu: Auch ich habe einem Auto schon mal einen Spitznamen verpasst. „Laubfrosch“ – so hieß mein erstes Auto Mitte der 1990er-Jahre. Ein Kleinwagen japanischen Fabrikats: 54 PS, Klimaregulierung per Runterkurbeln der Scheibe, die Navigation stützte sich auf einen zerlesenen Shell-Reiseatlas. Namensgebend war vermutlich die Kombination aus Dunkelgrün-Metallic-Lackierung, überschaubarer Größe von 3,53 Metern und naturverbundenem Allrad-Antrieb.

Phänomen Autotaufe

Eine nicht-repräsentative Umfrage im Kollegen- und Bekanntenkreis fördert ebenfalls einige benamte Fahrzeuge zu Tage: Ein smart hört auf „the Beast“, eine Vespa auf „Donatella Vespachi“ und ein Opel Corsa auf „Biri”. Letzteres ist keine Anspielung auf den Transport von Gerstensaft, sondern auf das Kennzeichen des rheinland-pfälzischen Kreises „Birkenfeld“.

Auch das Internet ist eine wahre Fundgrube automobiler Namensschöpfungen: So empfiehlt eine schweizer Website etwa „Schätzi“, mit einer Prise Selbstironie „Ageberli“ oder „Fröschli“ – sozusagen die schwiizerdütsche Variante meines „Laubfrosches“. In der Film- und Fernsehgeschichte sind automobile Namensträger heute im kollektiven Gedächtnis – man denke nur an den Käfer namens „Herbie“, K.I.T.T. aus der US-Serie Knight Rider oder „Lightning McQueen“ aus dem Pixar-Streifen „Cars“. Doch warum neigen wir eigentlich dazu, das „Heilige Blechle“ so zu behandeln, als sei es ein Wesen aus Fleisch und Blut?

Benz Victoria Vis-à-Vis. Bis zu Beginn der 1890er-Jahre sind die Fahrzeuge von Carl Benz dreirädrig. Mit der Konstruktion einer funktionstüchtigen Achsschenkellenkung ist für Benz ab 1893 der Weg frei zu vierrädrigen Fahrzeugen. Das erste Modell mit der neuen Lenkung nennt Benz „Victoria“.
Benz Victoria Vis-à-Vis. Bis zu Beginn der 1890er-Jahre sind die Fahrzeuge von Carl Benz dreirädrig. Mit der Konstruktion einer funktionstüchtigen Achsschenkellenkung ist für Benz ab 1893 der Weg frei zu vierrädrigen Fahrzeugen. Das erste Modell mit der neuen Lenkung nennt Benz „Victoria“.

Automobiles Minenspiel

Anthropomorphismus lautet die wissenschaftliche Bezeichnung für das Phänomen – eine Zusammensetzung aus anthropos für Mensch und morphē für Gestalt. Ausgelöst wird der Hang zur Namensgebung immer dann, wenn ein Gegenstand – auch nur entfernt – an ein Gesicht erinnert. Es braucht nicht allzu viel Phantasie, um in der Front eines Autos das aus Kinderzeichnungen bekannte Punkt, Punkt, Komma, Strich-Schema zu erkennen. Kein Wunder: Designer machen sich die Mimik zu Nutze, um Emotionen zu wecken: Scheinwerfer, Scheinwerfer, Kühlergrill, Stoßstange – fertig ist das Autogesicht. Das Minenspiel reicht dabei von niedlich – meist anzutreffen bei Kleinwagen mit Scheinwerfern in Kulleraugenform bis aggressiv bei maskulinen Sportcoupés mit bösem Blick.

Von Elektrisch bis echt schnell: der neue Smart EQ forfour (kombinierter Stromverbrauch 17,3 – 16,6 kWh / 100 km, kombinierte CO2-Emissionen: 0 g / km *) (l.) und Mercedes-AMG A 35 4MATIC (Kraftstoffverbrauch kombiniert 7,4-7,3 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert 169-167 g/km**)
Von Elektrisch bis echt schnell: der neue Smart EQ forfour (kombinierter Stromverbrauch 17,3 – 16,6 kWh / 100 km, kombinierte CO2-Emissionen: 0 g / km *) (l.) und Mercedes-AMG A 35 4MATIC (Kraftstoffverbrauch kombiniert 7,4-7,3 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert 169-167 g/km**)

Die Vermenschlichung geht weiter

Dabei sind es nicht nur die menschlichen Züge, die aus einem Gefährt einen Gefährten machen. Wir kommunizieren mit modernen Autos wie mit unseren Mitmenschen: per Sprache. Und Dank Systemen wie MBUX verstehen sie uns sogar! Durch die Sprache kommt eine neue Dimension menschlicher Eigenschaften dazu: Fürsorge, wenn „Hey Mercedes“ bei der Bemerkung „Mir ist kalt“ die Heizung hochfährt. Oder Humor, wenn das Auto auf die Frage: „Was hältst Du von BMW?“ keck kontert: „Sehen ganz nett aus. Aber nur in meinem Rückspiegel.“

Mercedes: vom Mädchen- zum Markennamen

Schon ein Jahrhundert, bevor MBUX Einzug ins Cockpit hielt und der #NameYourCarDay in Sozialen Medien auftauchte, gab es Modelle von Mercedes-Benz, die einen Namen trugen. Nicht zuletzt gilt das für den Markennamen „Mercedes“ selbst. Seine Geschichte beginnt 1889 mit der Geburt von Mercédès Jellinek. Ihr Vater, der Diplomat und Geschäftsmann Emil Jellinek, trat 1899 bei einem Autorennen in Nizza mit einem Daimler-Fahrzeug unter dem Pseudonym Monsieur Mercedes an. Drei Jahre später ließ die Daimler-Motoren-Gesellschaft Mercedes als geschützte Wortmarke registrieren. Damit wurde die 12-jährige Mercédès – wenn auch indirekt – Namenspatin für die heute wertvollste Premium-Automobilmarke der Welt.

Die Namensgeberin: Mercedes Jellinek im Alter von 11 Jahren. Emil Jellinek wählte den Vornamen seiner Tochter zunächst als Pseudonym für die eigene Rennteilnahme mit Fahrzeugen der Daimler-Motoren-Gesellschaft, später wurde er zur Markenbezeichnung.
Die Namensgeberin: Mercedes Jellinek im Alter von 11 Jahren. Emil Jellinek wählte den Vornamen seiner Tochter zunächst als Pseudonym für die eigene Rennteilnahme mit Fahrzeugen der Daimler-Motoren-Gesellschaft, später wurde er zur Markenbezeichnung.

Pionier des Automobils ist auch Pionier von NameYourCar

Und Emil Jellinek ist damit Vater des bekanntesten, aber nicht des ersten weiblichen Autonamens. Das ist der Mann, dessen Nachname die Markenbezeichnung Mercedes-Benz komplettiert: Carl Benz. Bereits 1893 hat er einen Wagen auf den klangvollen Namen „Viktoria“ getauft. Die Legende sagt, dass er den Namen wählte, um an seinen metaphorischen Sieg über das Lenkungsproblem zu erinnern. Der Hintergrund: Den ersten Automobilen fehlte es an einer der Geschwindigkeit des Motorfahrzeugs gewachsenen Lenkung. Diese meldete Benz mit seiner Wagen-Lenkvorrichtung mit tangential zu den Rädern zu stellenden Lenkkreisen 1893 zum Patent und verbaute sie in der Benz Viktoria. Als plausibler als diese Erklärung gilt allerdings, dass er einfach die etablierte Bezeichnung für eine zweisitzige Kutschenform verwendet. Aus dem Kutschenbau wurden auch andere Bezeichnungen übernommen: zum Beispiel Coupé oder Landaulet.

Am 22. Dezember 1900 liefert die Daimler-Motoren-Gesellschaft den ersten Mercedes 35 PS an Emil Jellinek aus. Das innovative Fahrzeug etabliert erstmals eine eigenständige Form des Automobils und gilt noch heute als Meisterstück technischer Raffinesse. Charakteristische Merkmale sind unter anderem der tief im Rahmen eingebaute Motor, die schräg eingebaute Lenksäule und der organisch in die Front integrierte Kühler, der als Bienenwabenkühler zum markenprägenden Erkennungszeichen wird. Wegweisend ist auch der Standardantrieb mit vorn liegendem Motor und Antrieb auf die Hinterräder.
Am 22. Dezember 1900 liefert die Daimler-Motoren-Gesellschaft den ersten Mercedes 35 PS an Emil Jellinek aus. Das innovative Fahrzeug etabliert erstmals eine eigenständige Form des Automobils und gilt noch heute als Meisterstück technischer Raffinesse. Charakteristische Merkmale sind unter anderem der tief im Rahmen eingebaute Motor, die schräg eingebaute Lenksäule und der organisch in die Front integrierte Kühler, der als Bienenwabenkühler zum markenprägenden Erkennungszeichen wird. Wegweisend ist auch der Standardantrieb mit vorn liegendem Motor und Antrieb auf die Hinterräder.

Unsere Top Five in Sachen #NameYourMercedes

Mercedes und „Viktoria zeigen: Automobile mit Namen haben bei Daimler Tradition. Folglich mussten wir nicht lange in den Archiven graben, um auf etliche weitere Wagen mit Stern zu stoßen, die einen (Spitz-)Namen tragen – seien es individuelle Fahrzeuge, Baureihen oder ganze Fahrzeugfamilien. Spoiler: Besonders die Rennstrecke scheint ein guter Nährboden für kreative Namensschöpfungen zu sein …

1. Die weißen Elefanten

Die „weißen Elefanten“ wurden bei Mercedes erstmals in den 1920er-Jahren gesichtet und waren Vorzugsweise in der grünen Hölle unterwegs. Kenner wissen: Die Rede ist nicht von Rüsseltieren im afrikanischen Dschungel, sondern von der legendären S-Reihe und der Nordschleife des Nürburgrings. Das S für den W 06 mit den Typen S, SS, SSK und SSKL steht für Sport. Den ehrfürchtigen Spitznamen Elefant brachten ihnen die bullige Statur und der markante Klang der Kompressoren ein: Ein Tröten, bei dem wohl jeder Dickhäuter den Rüssel einziehen würde. Und warum jetzt WEISSER Elefant? Ganz einfach: Bis in die 1930er-Jahre war Weiß die gebräuchliche Rennfarbe deutscher Marken.

Internationales Klausenpaß-Rennen in der Schweiz, 09.-10.08.1930. Rudolf Caracciola (Startnummer 64) mit einem Mercedes-Benz Typ SSK. Caracciola gewinnt in der Sportwagenklasse bis 8-Liter. Sportwagenrekord.
Internationales Klausenpaß-Rennen in der Schweiz, 09.-10.08.1930. Rudolf Caracciola (Startnummer 64) mit einem Mercedes-Benz Typ SSK. Caracciola gewinnt in der Sportwagenklasse bis 8-Liter. Sportwagenrekord.

2. Die Silberpfeile

„Silberpfeil“ ist seit mittlerweile 85 Jahren das Synonym für Boliden aus dem Rennstall von Mercedes-Benz. Der Legende nach liegt die Geburtsnacht der Wortschöpfung zwischen dem 2. und 3. Juni 1934 auf dem Nürburgring. Beim internationalen Eifelrennen sollte der neue Mercedes W25 in der 750-Kilo-Klasse antreten. Man reiste mit in der deutschen Rennfarbe Weiß lackierten (siehe Weiße Elefanten) Wagen an und absolvierte erfolgreiche Trainingsrunden. Das böse Erwachen kam, als die Autos auf der Waage standen: zwei Kilo Übergewicht. Die Zusatzkilos machten erfinderisch: Die Mechaniker schliffen in einer Nacht- und Nebelaktion den Lack ab. Tag draufs gingen drei Mercedes W25 im blanken Aluminiumkleid an den Start. Die Silberpfeile waren geboren.

Internationales Eifelrennen, auf dem Nürburgring, 03.06.1934.
Internationales Eifelrennen, auf dem Nürburgring, 03.06.1934.

3. Die Pagode

Für viele Oldtimer-Fans ist und bleibt er der schönste Mercedes aller Zeiten: Die „Pagode“ der Baureihe W113 – gebaut von 1963 bis 1971. Hier gilt die Weisheit Name follows form: Das Hardtop des Roadsters erinnert durch sein leicht konkaves Dach an die Architektur fernöstlicher Tempelbauten. Und darum hatte der Wagen seinen Namen weg, noch bevor er richtig auf die Straße kam. Besonders beliebt war er bei den Reichen und Schönen: Kinostars wie Doris Day oder Sophia Loren zeigten sich auf der Leinwand und im wirklichen Leben gern am Lenkrad der Pagode. Das Gros der nur knapp 50.000 Pagoden wurde exportiert – allerdings nicht nach Fernost, sondern in die USA.

Der Mercedes-Benz 230 SL erscheint 1963 mit ungewohnten neuen Proportionen und Linien – und dem unverwechselbaren „Pagodendach“. Das abnehmbare Hardtop sieht nicht nur gut aus, seine spezielle Form mit leicht abgesenktem Mittelteil erhöht auch die Dachsteifigkeit und damit die Sicherheit. Zu den praktischen Vorteilen zählt auch die leichtere und stabilere Montagemöglichkeit eines Dachträgers, beispielsweise zum Transport von Skiern. Die vertikalen Hauptscheinwerfer hat Mercedes-Benz bereits 1957 beim 300 SL Roadster eingeführt und in weiteren Modellen fortgesetzt. Sie dienen als typisches Marken-Erkennungszeichen in der Frontansicht.
Der Mercedes-Benz 230 SL erscheint 1963 mit ungewohnten neuen Proportionen und Linien – und dem unverwechselbaren „Pagodendach“. Das abnehmbare Hardtop sieht nicht nur gut aus, seine spezielle Form mit leicht abgesenktem Mittelteil erhöht auch die Dachsteifigkeit und damit die Sicherheit. Zu den praktischen Vorteilen zählt auch die leichtere und stabilere Montagemöglichkeit eines Dachträgers, beispielsweise zum Transport von Skiern. Die vertikalen Hauptscheinwerfer hat Mercedes-Benz bereits 1957 beim 300 SL Roadster eingeführt und in weiteren Modellen fortgesetzt. Sie dienen als typisches Marken-Erkennungszeichen in der Frontansicht.

4. Die Rote Sau

Beim 24-Stunden-Rennen von Spa sorgte 1971 ein 300 SEL AMG 6.8 für Furore. Die feuerrote Limousine wurde wegen ihrer martialischen Erscheinung von Journalisten liebevoll „rote Sau“ getauft. Nicht ohne Grund: In Spa fuhr sie Platz 2 im Gesamtklassement und Platz 1 im Klassenranking ein. Für das erst 1967 gegründete Unternehmen AMG ein sensationeller Erfolg – viele sagen: der Durchbruch. Über den roten Renner aus Affalterbach berichteten damals sogar die ARD-Tagesschau und Tageszeitungen in China. Die Ironie von der Geschicht‘: Die Original-Sau gilt heute als verschollen. Deshalb hat man es sich bei AMG nicht nehmen lassen, zum 40. Jubiläum den roten Ur-Renner originalgetreu wiederaufzubauen.

AMG Rennsport 300 SEL 6.8. basierend auf der Baureihe 109, 1971.
AMG Rennsport 300 SEL 6.8. basierend auf der Baureihe 109, 1971.

5. Der Baby-Benz

Kleiner, leichter, jünger: die Rede ist vom „Baby-Benz“. Die Bezeichnung Typ 190 war auf Dauer dann doch ein wenig schlicht für ein Auto, das ein neues Zeitalter für Mercedes einläuten sollte. Das Design aus der Feder von Bruno Sacco sollte diejenigen Kunden anziehen, denen die bisherigen Baureihen zu groß, zu teuer oder auch zu bieder waren. Das Nesthäkchen punktete zudem mit einem hohen Maß an passiver Sicherheit, moderner Fahrwerktechnik, vorbildlicher Aerodynamik und intelligentem Leichtbau. Das Kalkül ging auf: Der Baby-Benz – ab der zweiten Generation als C-Klasse bekannt – ist heute das volumenstärkste Modell mit Stern.

Mercedes-Benz Kompaktklasse-Limousine der Baureihe 201.
Mercedes-Benz Kompaktklasse-Limousine der Baureihe 201.

Noch namenlos? Das schlägt der Car-Name-Generator vor …

Auch ich fahre heute C-Klasse (W 205), sozusagen den Ur-Ur-Enkel des Baby-Benz. Und trotz aller nostalgischer Verklärung meines Laubfrosches, der 2010 vom TÜV ausgemustert wurde: Ich vermisse ihn nicht. Warum auch? Das einzige was meine C-Klasse am heutigen #NameYourCarDay vielleicht missen lässt, ist ein Spitzname. Abhilfe verspricht ein Autonamen-Generator auf einer englischen Internetseite, auf die ich während der Recherche für diesen Text gestoßen bin. Der Namensvorschlag des Generators, nachdem ich sechs Fragen beantwortet habe, lautet: „Olive“. Das schließt zumindest farblich gesehen den Bogen zum Laubfrosch, überzeugt mich aber nicht nachhaltig. #NameYourCarDay hin oder her: Ich mag mein Auto trotzdem. Auch ohne Namen.

Cornelia Hentschel

Dieser Beitrag wurde von Cornelia Hentschel geschrieben. Wenn sie nicht gerade Texte über einen Laubfrosch, weiße Elefanten, Pagoden und eine verschmähte Olive verfasst, leitet sie die Abteilung Content & Creations in der Daimler-Unternehmenskommunikation.

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