Copyright: Sebastian Knoth

„Unwissen ist Ohnmacht“.

Sven Plöger ist einer der bekanntesten deutschen Wettermoderatoren. Doch er ist auch Buchautor, Entertainer und Wissenschaftler. Seit Jahrzehnten befasst er sich mit dem Klimawandel, seinen Ursachen und Folgen. Ein Gespräch mit Einem, der bei allem Ernst der Lage, seinen Humor nicht verloren hat.

Herr Plöger, seit Veröffentlichung Ihres Bestsellers „Zieht euch warm an, es wird heiß“, haben Sie so viele Interviews gegeben, dass es schwerfällt, Sie etwas wirklich Originelles zu fragen. Welche Fragen würden Sie denn gern mal beantworten?

(Lacht.) Na das ist ja mal ein spannender Einstieg: „Lieber Interviewpartner, überleg dir doch mal, was du gern sagen wollen würdest!“ Starten wir doch mit einem hochaktuellen Thema: COVID-19.

Einverstanden. Wir befinden uns mitten im zweiten Corona-Lockdown. Was können wir Ihrer Meinung nach vom Umgang mit der Pandemie für den Umgang mit dem Klimawandel lernen?

Wir können das Hören auf die Wissenschaft lernen. Wir können verstehen, dass Wissenschaft – das sagt das Wort bereits – Wissen schafft – dass es also ein Entwicklungsprozess ist. Das war schon immer so. Das Wissen mehrt sich und dadurch kommen auch immer wieder Korrekturen. Das haben wir jetzt auch bei dem Virus gesehen. Bei der ersten Welle der Pandemie sind die Länder besser zurechtgekommen, die auf die Wissenschaft gehört haben. Man kann COVID eigentlich als kleinen Bruder des Klimawandels betrachten. Wenn man sich das Virus als 15 Meter hohen Tsunami vorstellt, vor dem man schon Angst hat, dann ist der Klimawandel – und das übersieht man manchmal – eine 500 Meter hohe Welle, die eine ganz andere Dramatik entfacht, wenn wir sie nicht aufhalten. Corona rollt als Schockwelle über unseren Planeten, aber wir sind nicht machtlos. Wir können mit beschränkten Mitteln eingreifen. Beim Klimawandel ist es im Grunde dasselbe. Aber der große Unterschied: Corona findet unmittelbar auf unserer Zeitskala statt und die Bedrohung ist konkret. Beim Klimawandel ist die Bedrohung abstrakt und diffus. Und das ist ein Problem.

Inwiefern?

Weil wir sind wie wir sind. Wir schieben Dinge, wenn wir sehr viel Zeit haben, einfach vor uns her. Das kann jeder bei sich selbst beobachten. Die Evolution ist verantwortlich dafür, dass wir dem Hier und Jetzt mehr Beachtung schenken als der Zukunft. Wenn ich mir ein Haus baue, um mich für meine nächsten Lebensjahre wohler und geschützter zu fühlen und dabei von einem Säbelzahntiger überrascht werde, dann ist es sehr vernünftig, kurzfristig zu reagieren und zu verschwinden. Und genau das hat die Evolution sinnvollerweise verstanden für unser Überleben. Nur beim Klimawandel stimmt die Zeitskala nicht, denn die Bedrohung liegt Jahre, Jahrzehnte in der Zukunft und reicht sogar über unser eigenes Leben hinaus. Deshalb mache ich erstmal seelenruhig weiter, weil mir ja scheinbar noch viel Zeit bleibt.

Was sollen wir auf Basis dieser Erkenntnis also unternehmen?

Zunächst einmal müssen wir aufpassen, den Klimawandel nicht aus den Augen zu verlieren. Zu Recht überlagert Corona jetzt alles, aber wir dürfen das Klimathema nicht immer weiter aufschieben. Es gibt 7,8 Milliarden Menschen auf der Welt. Und es werden immer mehr. Wir müssen unser Verhalten an Schlüsselstellen ändern. Freiwillig – das haben wir lange genug bewiesen – schaffen wir es nicht. Deshalb brauchen wir Rahmenbedingungen – und das ist dann eine politische Leistung – die uns praktisch „austricksen“. Regeln, die gewisse Verhaltensänderungen erforderlich machen und letztendlich auch vernünftiges Verhalten belohnen und unvernünftiges Verhalten sanktionieren. Der summierte Beitrag von 7,8 Milliarden kleinen Emissionsminderungen ist nicht zu unterschätzen. Und was ich ganz wichtig finde: Wir brauchen eine Wissensvermittlung, die Physik von Phantasie trennt. Auch die mediale Berichterstattung sollte stärker geprägt sein von Erfolgen beim Vorgehen gegen den Klimawandel, auch um die Menschen zum Nach- und Mitmachen zu motivieren.

„Nicht der globale Temperaturanstieg um ein Grad in hundert Jahren, sondern extreme, oft tragische Wetterereignisse sind es, die uns nachdenklich auf das blicken lassen, was um uns herum geschieht.“ © Sebastian Knoth

In Ihrem Buch schreiben Sie, ein zentrales Problem sei, dass die Menschheit immer „dümmer“ würde?

Ja, damit meine ich anteilig. Das kollektive Wissen dieser Welt wächst ja stark. Wir haben immer mehr Detailwissen, aber der Anteil, den der Einzelne von diesem kollektiven Wissen wissen kann, wird ja logischerweise immer kleiner. Obwohl die Information immer schneller von A nach B verläuft, also von der wissenschaftlichen Erkenntnis zur Bevölkerung und zur Politik, fehlt uns immer mehr die Einordnung. Diese Informationen, die immer schneller und zahlreicher zu uns kommen, gesund, sachlich entspannt und nicht emotional aufgeladen zu diskutieren – das ist ein Punkt, den wir wirklich benötigen.

Sie haben viel Übung darin – nicht nur als Autor, Redner und Wettermoderator vor der Kamera. Sie haben auch immer wieder versucht, mit Skeptikern des menschengemachten Klimawandels zu diskutieren…

Das stimmt. Dabei geht’s mir aber nie ums Missionieren, sondern immer ums Informieren. Ich spreche immer wieder mit Klimaskeptikern und -leugnern. Ich habe mir sehr intensiv angeschaut, was diese Personen sagen und warum sie argumentieren, wie sie argumentieren. Dabei wurde mir schnell klar, dass die Physik hier oft mit Füßen getreten wird. Es gibt ja von Sir Francis Bacon den vielzitierten Satz „Wissen ist Macht“. Und wenn man den Satz umdreht, da steht dann da: „Unwissen ist Ohnmacht“. Und das ist ein riesiges Problem. Wir müssen unser Wissen verbessern und dafür braucht es einfach ein physikalisches Denkfundament.

In Ihrem Job beobachten Sie minutiös acht bis zehn Stunden am Tag das Wettergeschehen. Gibt es einen Moment, in dem Sie bewusst wahrgenommen haben, dass der Klimawandel jetzt am Wetter spürbar wird?

Da kommen zwei Momente zusammen. Einerseits habe ich während meines Meteorologie-Studiums, in den Achtzigern, frühen Neunzigern, natürlich verstanden, dass es logische, physikalisch erklärbare Zusammenhänge gibt. Hinzu kam dann aber noch der emotionale Moment, der viel länger wirkt als jegliche Theorie. Für mich war das ganz klar der Orkan Lothar, 1999, zu Weihnachten. Da stand ich in einer Böe von 179 Kilometer pro Stunde. (Das ist übrigens viel! Wenn Sie mal Auto fahren und machen bei 180 die Scheibe runter und gucken raus, da werden Sie sagen „Oha!“) Ich habe in dieser Zeit auf 1150 Meter Höhe eine Wohnung gehabt, direkt neben unserer Wetterstation. Ich schaute raus und sah, wie ein Drittel des Waldes umstürzte, der uns da umgeben hatte und zwar innerhalb von wenigen Minuten. Und da wurden mir die Naturkräfte ganz anders klar, als in aller Theorie. Und plötzlich kam für mich die Frage: „Sind wir Menschen jetzt Opfer und Täter zugleich?“

Sind wir?

Wir greifen ins Klimasystem ein und werden dann am Ende Opfer und beklagen das. Das ist ja eine eigentlich ungewöhnliche Kette. Und schwierig ist, dass wir das Verhalten jedes Einzelnen, das in Summe dann den Ausschlag gibt, nicht sehen können. Aber natürlich den Sturm und die umfallenden Bäume. Und das war dann der Auslöser dafür, dass ich angefangen habe, mich intensiv in das Thema Klimawandel einzuarbeiten. Und ich bin bei diesem Ereignis immer politischer geworden, weil ich plötzlich gemerkt habe: Das ist eine gesellschaftspolitische Herausforderung sondergleichen; wir müssen hier weltweit zusammenkommen, weil wir alle im selben Boot sitzen und gleichzeitig bei dieser ohnehin extrem komplexen Thematik noch ganz unterschiedliche Interessen eine Rolle spielen.

In diesem Zusammenhang haben Sie auch die Systematik der Klimakonferenzen kritisiert…?

Verstehen Sie mich nicht falsch. Weltklimakonferenzen muss es weiterhin geben. Aber warum bestimmen die Bremser, die sagen, was alles nicht geht?! Ich finde, die Vorreiter sollten den Takt angeben und aufzeigen, was nötig, aber auch, was möglich ist. Ich würde die Regel aufheben, dass die Abschlüsse solcher Konferenzen Einstimmigkeit erfordern.

In Paris wurde 2015 das Klimaabkommen einstimmig von allen Vertragsparteien verabschiedet. Glauben Sie, dass es gelingen wird, die Ziele des Abkommens zu erreichen?

Wir brauchen einen begründeten Optimismus, dass wir die Herausforderungen bestehen können. Wir müssen, qua Wissenschaft, bereit sein, zu agieren. Das haben wir uns bereits versprochen – darum gibt es Klimakonferenzen – und am Ende müssen wir das, was wir sagen, auch tun. Würde ich jetzt hingehen und sagen: „Wir schaffen das nicht!“ – was wäre das für eine Aussage? Das wäre doch kontraproduktiv! Die Wissenschaft sagt uns, dass wir noch zehn bis zwanzig Jahre Zeit haben, um wirkungsvoll umzusteuern. Nutzen wir sie!

Was sagen Sie denen, die verlangen, man solle sich doch jetzt besser auf die Konsequenzen des Klimawandels vorbereiten, statt jetzt noch viel Energie auf etwas zu verschwenden, was wir eh nicht mehr unter Kontrolle bekommen?

Also, was sicherlich richtig ist: Man muss Beides tun! Klimaschutzstrategie muss immer aus Vermeidung von Treibhausgasemissionen und Anpassung an die bereits veränderten Bedingungen bestehen. Man darf nur, wenn man das eine im Zentrum hat, nicht das Andere vergessen. Wenn ich ständig Kopfschmerzen habe, macht es auf Dauer keinen Sinn, immer mehr Tabletten zu essen und nie die Frage zu verfolgen, woher die Schmerzen kommen. Das ist auch eine Kostenfrage. Wenn wir einfach weiter emittieren und dabei den ganzen Vermeidungsteil ignorieren, würden wir – so zeigen es sämtliche Studien – für jeden Euro, den wir jetzt nicht in den Klimaschutz stecken, zwei bis elf Euro später bezahlen müssen. Das kann ja nie sinnvoll sein. Deswegen muss Vermeidung im Mittelpunkt stehen! Ich bin der Meinung: Das frühzeitige Aufgeben das ist das Unvernünftigste und Unfairste, was wir – vor allem auch im Hinblick auf nachfolgende Generationen – tun können. Solange es eine Chance gibt – und die verstehe ich wissenschaftlich – sollte man alles dafür tun, das zu versuchen.

„Wir brauchen einen begründeten Optimismus, dass wir die Herausforderungen bestehen können.“ © Sebastian Knoth

Im Moment sind wir in Deutschland in Sachen „CO2-Vermeidung“ nicht sehr gut...

Wir in Deutschland erzählen jeden Tag, was wir alles tun möchten, dass wir Vorreiter sein möchten und all diese Dinge. Es ist gut, dass wir die Ambitionen haben, nur müssen wir sie eben auch umsetzen und es nicht bei guter Klimarhetorik belassen oder seltsamen Techniken, sich die Welt schön zu reden. Oft höre ich etwa den Satz: „Wir Deutschen emittieren doch nur zwei Prozent, da müssen jetzt erst mal die anderen ran, denn alleine können wir die Welt ja nicht retten!“. Ich staune dann immer und nenne das „Additionsproblem“. Es gibt 194, also fast 200 Länder auf der Welt. Das bedeutet, dass ein einzelnes Land maximal 0,5 Prozent emittieren darf, denn dann sind wir bei 100 Prozent der Emissionen und mehr geht ja schlecht. Wir sind mit zwei Prozent also ums Vierfache zu hoch oder anders ausgedrückt: Wir sind derzeit auf Platz sechs der Länder mit den höchsten Emissionen. Wenn wir dann sagen, unser Anteil sei so gering, dass es keine Rolle spielt, dann können das die 186 Länder, die hinter uns liegen allemal auch sagen. Und dann stürzen wir uns mit kollektiv empfundener Schuldlosigkeit wie die Lemminge ins Unglück? Das entspricht – so finde ich – nicht unbedingt dem Intellekt, den wir uns selbst zuschreiben. Jeder Deutsche emittiert pro Kopf und Jahr neun Tonnen CO2, jeder Chinese – weil es viele Chinesen gibt – 6,7 Tonnen und um das 2-Grad-Ziel zu erreichen, wäre die Obergrenze für jeden Menschen auf dieser Welt zwei Tonnen.

Was sind Ihrer Meinung nach die größten Stellhebel für uns, um CO2 zu reduzieren?

Für mich ist völlig unklar, warum wir erst 2038 aus der Kohle aussteigen. Bei COVID haben wir vor wenigen Tagen einen Impfstoff gefunden, beim Klimawandel haben wir ihn schon lange. Nämlich die erneuerbaren Energien. Wir müssen sie aber fair und gerecht fördern. Wir müssen uns auch klarmachen, dass wir ein Thema wie Windenergie benötigen. Wie schaffen wir dafür Akzeptanz? Wie beteiligen wir Bürger daran? Ich finde gut, dass man parallel viele Technologien anschaut. Wir dürfen auf Technik setzen, wir müssen forschen, wir müssen uns anpassen, wir müssen besser werden und deshalb muss jeder Einzelne bereit sein, sein Handeln im Alltag zu hinterfragen und Dinge zu verändern. Ich denke, dass wir uns einig sind, dass wir unseren Wohlstand erhalten wollen. Wenn er aber fortdauernd auf der Ausbeutung von Menschen oder der Natur beruht, dann wird er ganz von selbst wieder einkassiert. Wir brauchen deshalb eine Transformation, einen Green Deal, wie ihn EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ja auch ankündigt hat und bei dem die USA unter Joe Biden wieder eine wichtige Rolle spielen können und werden. Der althergebrachte Stil mit rückwärtsgewandtem Denken hat ausgedient.

Kennen Sie Ihren eigenen CO2-Fußabdruck?

Ich kenne ihn nicht genau, ich weiß aber, dass er auch höher ist, als die 2 Tonnen. Wenn ich allerdings meine Energie anrechne, die ich durch den Umbau meines Hauses eingefangen habe, wenn ich anrechne, dass ich das Inlandsfliegen komplett beendet habe und sehr wenig Auto fahre, sondern fast nur noch elektrisch mit der Bahn, mit dem Fahrrad oder mit dem ÖPNV unterwegs bin – dann haut das mit den zwei Tonnen vielleicht hin. Aber trotzdem: Ich bin Teilnehmer dieser Gesellschaft und ich werde auch in Zukunft mutmaßlich gerne nochmal irgendwo hinkommen wollen auf dieser Welt, wohin man nur mit dem Flugzeug gelangt. Ich werde wahrscheinlich auch weiterhin Fleisch essen, wenn auch nur zwei- bis dreimal im Monat, aber das war bei mir eh noch nie anders. Aber die Herausforderung für uns alle ist riesengroß. Und der Weg kann natürlich auch nicht sein: Wir gehen jetzt alle gemeinsam in die Höhle. Wir brauchen ein allgemeines Konzept, was viele Stellen wirklich verändert.

Was müsste die Autoindustrie aus Ihrer Sicht leisten, um effektiv gegenzusteuern?

Also man spürt ja mittlerweile, dass sich was tut. Ich sehe auch weniger Reklame für riesige Autos, die nicht elektrisch angetrieben werden. Der Grund für den Wandel liegt derzeit aber wohl leider nicht in einer Entschlossenheit der deutschen Politik, die ich hier sehr vermisse – übrigens auch, damit die Autoindustrie die nötige Planungssicherheit hat – sondern in China. Hier setzt man auf Elektromobilität und lässt einfach nicht mehr beliebig viele Verbrenner zu. Wenn man also am nicht ganz kleinen chinesischen Markt teilhaben will, dann muss man eben auf andere Konzepte setzen.

Welche?

Was sich am Ende durchsetzt, bleibt hoch spannend, weil alles seine Vor- und Nachteile hat. Wenn Sie die Elektromobilität nehmen, dann ist in der Batterietechnologie noch sehr viel Luft nach oben. Da wird sich vieles verändern. Nicht nur im Recycling, sondern auch in der Frage: Woraus besteht eigentlich die Anode, woraus die Kathode? Muss es immer Lithium-Ionen sein? Meine feste Überzeugung: Nein. Ich glaube, die Batterietechnologie wird sich dramatisch weiterentwickeln. Wir werden schnellere Ladungsmöglichkeiten bekommen, wir werden aber auch Probleme lösen müssen, wie etwa ausreichend viele Lademöglichkeiten in dicht besiedelten Gebieten – Stichwort: Induktion. Und wie erzeugen wir eigentlich so viel grünen Strom, dass am Ende alle elektrisch fahren können, die das auch wollen?

Und Wasserstoff?

Wasserstoff ist dann hochspannend, wenn er grün erzeugt wird. Kombiniert mit einer Brennstoffzelle können wir, wenn wir ihn auf eine Flüssigkeit aufbringen, schließlich unsere Infrastruktur aus Pipelines, Tankwagen und Tankstellen nutzen. Ich denke: Wir müssen in beiden Bereichen technologisch vorankommen. Ich habe im Moment oft das Gefühl, dass Leute dazu neigen zu sagen: „Batterie kann es doch nicht sein, Wasserstoff ist super.“ Ich finde es auch interessant, wenn es einen Wettstreit gibt. Aber wir können nicht ewig überlegen, was wir denn jetzt wollen. Weil das Klimaproblem dann irgendwann so groß ist, dass wir zu spät sind. Das heißt, wir müssen es beschleunigen, es muss ein politischer Wille sein, da muss Geld eingesetzt werden. Ich denke zum Beispiel auch an grüne Geldanlagen.

Daimler hat jetzt auch die erste grüne Anleihe begeben, Herr Plöger. Falls Sie sich also beteiligen möchten…

Ach, das ist ja interessant. Aber wir wollen jetzt ja nicht über meine private Finanzlage sprechen (lacht). Es ist aber spürbar, dass auch immer mehr Privatanleger in diese Richtung denken. Ich sage auch vielen Banken derzeit: „Ihr seid systemrelevant. Auch, weil ihr diejenigen seid, die wirklich einen Hebel haben, um Menschen klarzumachen: Wir können was tun, indem wir das Geld für nachhaltige Investitionen einsetzen.“ Und wenn Banken sehr stark in diese Richtung beraten und dann sehr viele hier anlegen, dann ist es ja nur logisch, dass die Kurse von diesen Papieren steigen, während die Rückwärtsgewandten gegebenenfalls sinken.

Wenn Sie sich etwas wünschen könnten von Daimler als Unternehmen: Was wäre das?

Baut nicht so wahnsinnig riesige Autos, die unglaublich schwer sind. Daimler kann sehr schöne Autos designen. Baut auch Elektroautos in einem schönen, viele Menschen ansprechenden Design. Geht doch mal weg von den SUVs! Wir brauchen keine Geländeautos, wir haben gute Straßen. Wir müssen fast nie irgendwelche Flüsse durchqueren, wir haben kaum Erdwälle auf Autobahnen. Außerdem ist der Parkraum in Städten sehr begrenzt und es wird ohnehin nach lebenswerteren städtischen Gestaltungskonzepten gesucht. Da passen immer riesigere „Stehrümmchen“ einfach nicht hin. Setzt – wenn möglich – parallel auf Elektromobilität und Wasserstoff! Guckt, was besser ist. Setzt euch besonders mit den Städten zusammen – und schaut, was Städte, die sich verändern wollen, in Zukunft wo an Individualverkehr haben wollen und teilweise ja auch müssen. Ich glaube, die Autoindustrie ist ein extrem wichtiger Impulsgeber in Deutschland. Nutzt das und gestaltet den Wandel mit!