Gesichter der Nachhaltigkeit - Daniel Mack

„Unternehmen sind politische Akteure“.

Daniel Mack betrieb neun Jahre lang aktiv Politik für Bündnis 90/Die Grünen, bis er Anfang des Jahres zu Daimler in den Bereich External Affairs/Politik und Außenbeziehungen wechselte. Heute vertritt er in Berlin die Anliegen unseres Unternehmens. Wir haben mit ihm über seine Vergangenheit als Parlamentarier gesprochen, über die Verantwortung der Automobilindustrie für die Gesellschaft und warum er sein Eintracht-Frankfurt-Trikot von 1988 noch heute trägt.

Herr Mack, Sie waren Abgeordneter im hessischen Landtag: Auf welcher „Seite“ gefällt es Ihnen denn besser?

Ich finde nicht, dass wir immer auf unterschiedlichen Seiten stehen. Ich bin vor 15 Jahren politisch aktiv geworden, weil ich eine Überzeugung hatte, die ich heute noch vertrete: Ökologie und Ökonomie, Klimaschutz und Wohlstand, sind keine Gegensätze. Die Transformation hin zu einem nachhaltigeren Wirtschaften, gelingt aus meiner Sicht nur mit Unternehmen und nie gegen sie. Das ist eine Herausforderung, der wir uns stellen müssen. Die einen treiben Klimaschutz auf der Straße voran, die anderen im Parlament und wir als Unternehmen machen das auch. Deswegen ist es für mich die richtige Aufgabe zur richtigen Zeit.

Von welchen Erfahrungen als Parlamentarier profitieren Sie noch heute?

Meine Zeit in der Kommunalpolitik ist die Grundlage für vieles heute. Es ging immer um die Menschen, ihre Probleme, den intensiven Austausch miteinander und konkrete Lösungen. Wir haben nicht über Milliardenbeträge diskutiert, sondern über die Taktung des Nahverkehrs, die Sanierung von Straßen, die Rolle des Verkehrs auf dem Land. Dabei spielt das Auto immer eine tragende Rolle. Mit all diesen Erfahrungen habe ich einen ziemlich umfassenden Blick über Mobilität in der Gesellschaft, vor allem individuelle Mobilität und die verschiedenen Zugänge, erhalten. Es bringt mir nichts, in einem Büro in Berlin zu sitzen und die Herausforderungen nur theoretisch zu kennen. Auch hier gilt: Wir als Daimler müssen die Herausforderungen kennen, die Politik aber auch.

Ihr Fachgebiet ist „Automotive and Environmental Policy“. Was verbirgt sich dahinter?

Wir beschäftigen uns jeden Tag sehr intensiv mit wichtigen Zukunftsthemen, die mit unseren Produkten sowohl in der Gegenwart als auch in der Zukunft zu tun haben. Wie werden die Fahrzeuge produziert? Stichwort „CO2-neutrale Produktion“. Welche Technologien treiben diese Fahrzeuge an? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit unsere Vorstellungen datengetriebener Geschäftsmodelle funktionieren? Wir beschäftigen uns mit dem gesamten Prozess: angefangen bei der Produktion, über die Nutzung, die Frage nach der künftigen Infrastruktur, bis hin zum Recycling. Zusätzlich geht es natürlich um die Rolle des Autos in der Gesellschaft – vor allem im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern. Ich glaube, dass das Auto weder auf dem Land noch in den Städten verschwinden wird, weil zu viele Menschen darauf angewiesen sind und es auch schätzen. Wir werden uns vielen Fragen noch intensiver stellen müssen und brauchen dafür tragfähige Konzepte, die Akzeptanz finden.

Sie sitzen in Berlin. Wie wichtig ist die Nähe zur Politik? Wie können wir uns Ihre Arbeit vorstellen?

Ich suche gezielt den Austausch mit Abgeordneten, NGOs und anderen Unternehmen, auch mit Vertretungen der Länder in Berlin, da Daimler deutschlandweit in nahezu allen Bundesländern aufgestellt ist. Es dreht sich im Kern darum, was Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat bewegt. Unsere Aufgabe dabei ist, unsere Position deutlich zu machen und unsere Anliegen mit Argumenten zu vertreten, um zu Lösungen zu kommen. Ein entscheidender Punkt, der aus meiner Sicht zu wenig betont wird: Es geht auch einfach darum, zuzuhören. Was beschäftigt die Bundespolitik gerade? Diese Diskussionen spiegeln wir in das Unternehmen zurück, da diese für uns zukunftsentscheidend sein können.

Und die Distanz zur Politik? Wie grenzen Sie sich in Berlin ab?

Ich habe neun Jahre lang aktiv Politik gemacht. Man wird aus mir ganz bestimmt keinen unpolitischen Menschen mehr machen können. Mich interessiert, wohin wir uns als Gesellschaft bewegen und warum wir das tun. Mir persönlich ist dabei immer wichtig, deutlich zu trennen, auf welcher Ebene man sich gerade begegnet: privat oder beruflich? Ich grenze das deutlich voneinander ab.

Unser Büro in Berlin ist verantwortlich für die Bundespolitik. Natürlich tausche ich mich viel mit Politikern aus, das ist mein Job. Da reicht es auch nicht aus, die Telefonnummern zu kennen, sondern, wie bei jedem Austausch, ist das Vertrauensverhältnis wichtig.

Alte Potsdamer Straße in Berlin: Hier im Haus Huth arbeitet das Team von External Affairs von Daimler.

Lobbying bzw. Interessensvertretung ist oft negativ konnotiert. Woran liegt das?

Kern der Demokratie ist doch, dass durch den Diskurs über verschiedene Wege Ziele erreicht werden können. Das findet in Parteien und Fraktionen statt, aber auch zuhause am Küchentisch und eben auch in Unternehmen. Die Gesellschaft, in der wir leben, all das, was wir draußen vorfinden können – gute Straßen, gute Kinderbetreuung, Pflege, Hochschulen – funktioniert am Ende nur mit guten und gesunden Unternehmen.

Der Austausch und das Teilen von Expertenwissen ist äußerst entscheidend für die Demokratie. Basierend auf verschiedenen Meinungen und auf den Ergebnissen vieler Debatten, entstehen letztlich Gesetze, die Themen in die eine oder andere Richtung lenken. Das ist ein wichtiger Teil der Demokratie. Über soziale Medien lassen sich Beiträge über „böses“ Lobbying natürlich schneller teilen. Es ist richtig, dass es teilweise an Transparenz und Verständnis fehlt. Das Lobbyregister, das die Koalitionsparteien Union und SPD nun voran bringen wollen, wird hoffentlich dazu beitragen, Vorurteile abzubauen.

Warum ist es wichtig, dass wir als Unternehmen den Dialog mit Politik & Wirtschaft führen?

Unternehmen sind politische Akteure. Die Automobilindustrie in Deutschland hat jährlich ein Steueraufkommen von etwa 94 Milliarden Euro. Daimler hat etwa 170.000 Mitarbeiter in Deutschland. Das sind mehr Mitarbeiter als beispielsweise Darmstadt Einwohner hat. In jedem Winkel der Erde tragen wir eine große Verantwortung entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Durch die Größe des Unternehmens, die soziale Verantwortung sowie die Zusammenarbeit mit der Zulieferindustrie sorgen wir für gesellschaftliche Stabilität in ganzen Regionen. Ein weiterer Punkt ist: Wir können durch unsere Produkte Fortschritt gestalten. Wenn es um Technologie oder Nachhaltigkeit geht, sind wir in der Verantwortung, diesen Fortschritt mitzugestalten.

Was ist die größte Herausforderung für die Transformation der Autoindustrie?

Wir wollen weniger Material einsetzen, den Verbrauch von Ressourcen reduzieren und die Emissionen unserer Produkte reduzieren. Wenn man es vereinfacht zusammenfassen möchte, dann geht es uns darum, aus weniger mehr zu machen. Wir werden dafür sorgen müssen, dass das Wachstum, das mit dem Anstieg der Weltbevölkerung einhergeht, nicht mehr auf Kosten des Planeten geschieht. Wir spielen eine entscheidende Rolle, wenn es um die Frage geht, wie eine CO2-neutrale Mobilität möglich ist. Wir gehören zu denen, die darauf eine Antwort geben können bzw. sogar müssen. Diese Transformation zu gestalten, ausgehend davon, wie wir Produkte entwickeln, wie sie angetrieben werden, wie digitale Lösungen im Auto aussehen können, ist unsere Verantwortung. Wir haben ein Produkt mit schönem Design, das auf der Straße sichtbar ist und zu dem dadurch auch jeder eine Haltung entwickeln kann. Ein Produkt, bei dem man aber eben auch sehen kann, wenn sich Dinge verändern.

Keine halben Sachen...

Politik und Wirtschaft sollten …
„… nicht als Gegenspieler betrachtet werden. Große Dinge schafft man nur gemeinsam.“

Nachhaltig handeln bedeutet für mich privat …
„… mein Eintracht-Frankfurt Trikot von 1988 so lange zu tragen und immer wieder zu flicken bis es gar nicht mehr geht.“

Morgens stehe ich gerne auf, weil …
„… ich mich auf den Rhein-Main-Teil der FAZ freue.“