Was waren das in meiner Jugend für abenteuerliche Reisen. Mein Vater saß am Steuer seines heißgeliebten Mercedes-Benz 190D, meine Mutter kämpfte auf dem Beifahrersitz mit der Landkarte – und zwischen den beiden: Der Zwist, ob nun links herum oder rechts herum besser wäre. Ich erinnere mich noch sehr bildhaft an eine Szene, in der die beiden so erfolglos den Festsaal einer Hochzeit suchten, dass wir beinahe frustriert die Kehrtwende gemacht hätten und die 200 Kilometer wieder zurückgefahren wären. Ohne das Brautpaar gesehen zu haben, versteht sich. Apropos 190D: Genauso bildhaft erinnere ich mich an eine zweistündige Autofahrt in besagtem Gefährt, die ich fast vollständig damit verbracht habe, die im Wind tanzende Radioantenne zu beobachten – ständig begleitet von der kindlichen Sorge, sie könnte abknicken und wegfliegen.
Sie flog nicht weg. Sie blieb stehen, bis der alte Mercedes 2009 der Abwrackprämie zum Opfer fiel. Sein Nachfolger hatte dann natürlich ein Navigationssystem an Bord. Damit gehörte die Orientierungslosigkeit erst mal der Vergangenheit an – zumindest solange der Satz „Ich kenne eine Abkürzung“ nicht vom Fahrersitz zu vernehmen war. Nochmal zehn Jahre später sagt mir das Navi in meinem Auto dank Live Traffic Information sogar ziemlich präzise voraus, wo auf meiner Route Stop-and-Go-Verkehr droht – und ob es sich denn lohnt, die vermeintliche Abkürzung zu nehmen. Auch die ausfahrbare Teleskopantenne gehört längst der Vergangenheit an: Ein moderner Mercedes-Benz Pkw kommt ohne sichtbare Antenne aus, schließlich soll nichts die klare Linienführung des Designs stören.