Car-aoke | #5

„My Hometown“ von Bruce Springsteen.

Kaum ein Alltagsgegenstand hat die moderne Musik so sehr geprägt wie das Auto. In dieser Kolumne schreiben unsere Redakteure in losen Abständen über Songs, die eine Automobil-Geschichte erzählen. Manche davon haben es damit sogar in die Musik-Geschichte geschafft. Aber längst nicht alle ...

2 Min. Lesedauer

von Sven Sattler, Autor
erschienen am 21. Januar 2020

Manche Menschen halten Bruce Springsteens Born in the U.S.A. (1984) ja immer noch für eine Liebeserklärung auf sein Heimatland. Aber, mal ehrlich: Deutlich wahrscheinlicher ist, dass all die selbsternannten Experten Recht haben, die die Platte für eine gnadenlose Abrechnung mit dem American Dream halten. Sollten Sie immer noch die gegenteilige Meinung vertreten, können wir uns wahrscheinlich aber auf so viel einigen: Das Album gehört zu den Meilensteinen der Rockmusik – und mit über 30 Millionen verkauften Tonträgern ist sie auch eine der erfolgreichsten Alben der Geschichte.

In zwölf Songs erzählt der Boss die Geschichten von amerikanischen Stereotypen. Zum Beispiel die vom Protagonisten in „My Hometown“: Als er acht Jahre alt ist, nimmt ihn sein Vater spontan auf seinen Schoß, hinters Lenkrad seines big, old Buick. Die eindringliche Mahnung von einer Generation zur nächsten: Vergiss‘ mir ja nicht, wo du herkommst – take a good look ‘round.

„My Hometown“ ist einer der Songs auf Bruce Springsteens legendären Album Born in the U.S.A.
„My Hometown“ ist einer der Songs auf Bruce Springsteens legendären Album Born in the U.S.A.

Die im schwermütigen Takt ins Mikrofon genuschelte Geste auf dem Fahrersitz stellt nicht nur ein besonderes Band zwischen Vater und Sohn her. Sie legt auch den Grundstein für die enge Beziehung zwischen dem Protagonisten und den Straßenzügen, die in den Folgejahren allerlei Leid zu sehen bekommen: Gewalt, Wirtschaftskrise und schließlich Exodus. 27 Jahre nach der Spritztour mit dem Vater packt in der letzten Strophe also der Protagonist die Koffer. Doch bevor er die wohlbekannten Straßen auf Nimmerwiedersehen verlässt, dreht er eine letzte Runde – nicht alleine, dafür in neu verteilten Rollen: Last night I sat him up behind the wheel and said: Son, take a good look ‘round.

Sven Sattler

schreibt gerne über Songs, die älter sind als er selbst. Und blafft dann Menschen, die fragend dreinschauen, an. Für gute Musik, sagt er, ist man nie zu jung.

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